11.7.12

USA Juli 2012

Und weiter gehts. Nach einer halbjährigen Pause mit dem Schreiben, habe ich mich entschlossen nun doch wieder Verbales abzusondern, da ich ja nun wieder länger im Ausland verbringen werde und der Blog einfach eine schöne Variante ist die Lieben in der Heimat (wo auch immer die ist) über die Geschehnisse meines Lebens zu informieren. Damit komme ich auch dem Wunsch Einiger nach, die mich explizit darum gebeten haben.

Die Zugfahrt Nach Neustrelitz verging bemerkenswert schnell. Es war überfüllt mit jungen Leuten, die alle auf die Fusion wollten und so gab es viel zu quatschen und zu sehen. Nach einer hektischen Einkaufsaktion im Kaufland lief ich zurück zum Bahnhof, um von dort den Shuttlebus zum Festivalgelände zu nehmen. Es war noch ganz interessant anzusehen, wie sich die vier/fünf Hanseln der neustrelitzer Nazi-Kameradschaft in der Bushaltestelle vorm Bahnhof versammelt haben, um ihre Präsenz vor den paar tausend internationalen Hippies, Ravern, Künstlern zu demonstrieren oder einfach nur deren Abtransport zum 30km entfernten ehemaligen russischen Militärflughafen, auf dem das Fusion-Festival statt findet, zu begutachten - das alljährlich wahrscheinlich aufregendste (bunteste) Ereignis ihres sonst armseeligen Nazidaseins. Kaum angekommen, stellte ich mich in die ca. 50m lange Schlange vor die Botschaft, an der ich mein Ticket abholen sollte, das die deutsche Post verpeilt hat ordentlich zu zustellen. Nach unglaublichen fast vier Stunden anstehen, hatte ich endlich mein Ticket in der Hand und machte mich absolut frustriert und angepisst, ohne jegliches Bedürfnis auf Party, daran mein Zelt aufzubauen und nur noch tot umzufallen.

Die nächsten fünf Tage fanden in einem schwer begreiflichen Parallelluniversum statt. Sowas muss man schon mal gesehen haben, wenn man verstehen will, wie es in einer Szene zugeht, die für eine Woche lang eine Alternativgesellschaft zum gutbürgerlichen deutschen Modell mit all seinen Regeln und Gesetzen erschafft und den "Ferien-Kommunismus" feiert. Im Großen und Ganzen war es der Hammer. Es gab unglaublich viel zu sehen, hören, erleben. All die kreative Energie und Liebe, die in das Festival gesteckt wurden und die Atmosphäre von fast absoluter Freiheit und Gesetzlosigkeit waren ganz anders als bei anderen Festival und ziemlich überwältigend. Der einzig große Nachteil war, dass das ganze Spektakel viel zu groß war. Wenn man für eine Woche eine größere Stadt (zumindest Leute mäßig) aus dem Boden stampft, bringt das so eine Komplikationen mit sich. Und es kann halt auch einfach generell stressig sein, sich durch Massen von Menschen zu wühlen, so gerne ich sie auch alle mag.

Zurück in Berlin bei Shorty ließ ich in gediegenerem Ablauf die Zeit bis zu meinem Flug in die USA verstreichen. Das war auch nötig, um durch das Wurmloch zurück in die "normale" Welt zu finden. Am 4. Juli, einen Tag vor meinem Flug blitze es dann auf einmal in meinem Kopf. Genauso ein Blitzen gab es schon mal. Das war 2008 in Griechenland, als ich feststellte, dass der Flug, den ich damals von Süditalien nach Schweden gebucht hatte einen Tag eher ging, als ich es in meinem Hirn abgespeichert habe. Die darauf folgenden Tage waren die mit stressigsten und deprimierendsten meines Lebens. Und fast hätte sich das Drama widerholt, denn ich stellte wie gesagt wie vom Schlag getroffen fest, nicht dass ich mich im Tag aber diesmal im Flughafen vertan habe. Der Flug ging nicht von Berlin, sondern von Frankfurt a.M. Und da war die Ruhe dahin. Der Plan war nach der Fusion noch ein paar entspannte Tage in Berlin zu verbringen und dann ganz gemütlich mit der u-Bahn zum Flughafen zu fahren, um von der dort nach Seattle in die USA zu fliegen.
Glücklicherweise fand ich sofort eine Mitfahrgelegenheit noch am selben Abend nach Frankfurt, nächtigte in einem Busch neben der Autobahn, zog nach einsetzendem Regen in die Flughafenwartehalle um, und flog 12h mit meinem nonstop Flug in Richtung Becky.

 Die Einreiseprozedur verblüfft mich jedes Mal wieder. Bei all dem Getue und Gehabe seitens der USA, wie fortschrittlich und toll dieses Land ist, frage ich mich, wie es sein kann, dass die Einreise in diesen Staat schlimmer als in jedem dritte-Welt-Land vonstatten geht. Beim Anstellen vor den Grenzbeamten befand ich mich im ersten Drittel der Schlange und trotzdem hat es fast eine Stunde gedauert, bis ich an der Reihe war mit Fingerabdrücken einscannen und anderem Firlefanz. Komischerweise ging es bei mir im Endeffekt dann ganz schnell, viel schneller als bei allen die vor mir dran waren. Becky war schon ganz wuschig, als sie mich empfing, da ich erst zwei Stunden nach geplanter Landezeit aufgetaucht bin. Doch kaum waren wir draußen, war alles vergessen und gut.

Nach vier ersten sehr angenehmen Tagen in und um Seattle sind wir nun wieder in Portland und brechen morgen auf eine zweiwöchige Tour nach San Franzisco auf. Dann passiert jetzt am Ende doch wahrscheinlich noch das, warum ich vor anderthalb Jahren mit meinem Van als einsamer Wolf in die USA gefahren bin - die Erkundung der Westküste runter bis nach San Franzisco, den Yosemite Nationalpark und anderen Orten, nur eben jetzt mit Freundin und Kletterzeug im Gepäck.

Wenn wir wieder da sind, wird was berichtet.

1 Kommentar:

marvin hat gesagt…

alter felix, du hast dich beim flughafen vertan, wie geil verplant kann man sein?! musste grad gut lachen darüber. verrückter typ, wann schaffstes mal wieder nach karscht ins eck? (wenn möglich wenn ich dann auch da bin ;-))

wünsch dir alles alles beste bei deinen jetzigen trip, hoff irgendwann irgendwo stolpert man sich mal wieder übern weg!

mfg marvin