23.5.11

Antwort auf Kommentare

Braucht es wirklich Feindbilder, Untergangszenarien und Verschwörungstheorien, um herauszufinden wer ich bin und welchen Weg ich gehen möchte...
Keine Ahnung! Vielleicht braucht es das, ja. Vielleicht aber auch nicht. Das musst du für dich (Herr/Frau Unbekannter) selbst herausfinden, ob es das braucht.
In meinem Leben haben diese Dinge eben nun mal meinen Weg gekreuzt. Ich denke ich habe viel aus den letzten Monaten mit Hilfe dieser drei Dinge gelernt und wes war interessant und sehr schmerzlich mich damit zu beschäftigen. Und jetzt ist es an der Zeit an mir zu arbeiten, dass ich nicht völlig verrückt werde und Kraft bekomme, um negative Einstellungen in Konstruktive zu transformieren und in positive Bahnen zu lenken.

kein Kommentar, aber Fragen:
wovon lebt Molly, wovon die anderen Bewohner von Utopia?
Molly, keine Ahnung. Andere Bewohner von Utopia, verschiedenste Sachen. Einige bauen Marihuana an, das verkauft wird. Andere verkaufen Pflanzen Setzlinge. Andere sind Website Designer. Andere sind Künstler und verkaufen Kunst. Andere nehmen alle möglichen kleinen Jobs an wie: Holz hacken, Schuppen bauen, Holzziegel herstellen, Körbe flechten und verkaufen, usw.

wie kann man bio essen in Plastik kaufen? (ein Bild, vom Frühstückstisch, dass du gemacht hast)
Das frag ich mich auch. Ist doch völlig paradox, oder?? Genau aus diesem Grund hab ich das Bild ja geschossen. Die Orangen gab es auf einer Party wo ich war und ich habe genau dieses Paradox mit dem Käufer besprochen.

was passiert mit dem ganzen (Plaste) Müll auf Utopia?
Da gibt es eine Recycling Station, zu der man seinen Müll bringen kann. Plastik wird in einer Presse zu Ballen gepresst. Dann gibt es da einen Typen, der holt die Ballen ab und baut daraus sein Haus (so wie mit Strohballen). Dann werden die Wände verputzt und es sieht anscheinend ganz gut aus (ich habs nicht gesehen). Ansonsten wird der Müll nach Vancouver Island verfrachtet und landet auf ner Müllkippe. Ist doch doof oder?

Abwässer?? Wird dort nicht gewaschen? wo gehen die Waschmittel hin, wie werden die fettigen Pfannen vom Mittagessen gewaschen, ohne die Umwelt zu belasten? ich erinere mich an die Ratten auf samothraki, dort auf utopia müsste es nur so wimmeln?
Es gibt biologisch abbaubare Waschmittel. Es gibt Teichsysteme nach Permakulturprinzip, die Abwässer in sauberes Wasser umwandeln. Das erledigen dann verschiedene Pflanzenzusammenschlüsse. Der Müll von einem Organismus ist die Nahrung von einem anderen.
Es wird natürlich gewaschen. Aber es wird zum Beispiel ohne Waschmittel gewaschen oder eben mit abbaubaren Waschmitteln. Die Menge ist natürlich auch sehr entscheident. Wenn ein Inder in den Ganges scheißt, dann macht das gar nix. Wenn aber 100 mio Inder in den Ganges scheißen, dann sieht die Suppe braun aus.
Es gibt keine Belastung der Umwelt durch Abfallprodukte. Es kommt wieder auf die Menge an, die ein Produkt zu einem Abfallprodukt machen, dass belastend wirkt. Menschliche Scheiße wird auf Utopia nicht als Abfallprodukt gesehen, sondern als wertvolles Gut, dass dem Garten wieder zugeführt wird. Es würde aber belastend wirken, wenn man die Pflanzen in Gülle ertränkt. Es würde auch auf einen Menschen belastend wirken, wenn man ihn in ein Getreidesilo schmeißt. In diesem Falle wäre Nahrung im Überfluss der sichere Tod.

Glaubst du wirklich, dass molly alles zum Nulltarif für euch gemacht hat?? Dann müsste ja das Essen in Amerika elend teuer sein und der Koch ein traumhaftes Honorar bekommen.
Zu Mollys Konzept habe ich mich ja schon ausgelassen. Ich stimme nicht mit ihr überein. Und ich finde die ganze Geld Geschichte sehr suspekt.

Hast du dir diese Fragen auch mal gestellt? Wenn ja, ist das weglassen von Antworten auch eine Art der Berichterstattung.
Natürlich stelle ich mir diese Fragen. Darum gehts doch letztendlich, dass ich mein Bewusstsein ausweite über solche Dinge. Dass ich verstehe, woher Probleme kommen und was man dagegen tun kann.
Ich stelle mir diese Fragen jeden Tag. Jeden Schritt den ich gehe hinterfrage ich und versuche seinen Einfluss auf die Umwelt zu ergründen. Daraus folgen dann Realisierungen, die ich mit anderen Menschen teile und die diskutiert werden. Und dann suche ich nach Konzepten, die eventuelle negative Einflüsse beseitigen würden.
Wenn man Menschen sieht, die ganz praktisch sich mit solchen Fragen beschäftigen, dann wird aus dem theoretischen Konzept im Kopf eine Erfahrung.

Vielleicht liege ich mit meinen theoretischen Konzepten bezüglich der Zukunft der Erde völlig falsch. Vielleicht wird alles prima und vielleicht ist alles prima. Vielleicht gibt es kein Ende vom Öl oder es wird überhaupt kein Problem darstellen. Wenn man durch die Landschaft fährt, dann sieht ja alles normal aus. Die Bäume blühen, das Gras ist grün. Die Flüsse fließen. Die Autos rollen, alles funktioniert, wie es immer funktioniert hat und vielleicht ändert sich da nix Großartiges dran. Ich hab keine Ahnung. Nur was ist, wenn sich was ändert? Was ist, wenn sich die Verschwörungstheorien als Fakten herausstellen? Was ist, wenn das Leben auf einmal schwer wird, weil der Regen ausbleibt durch den (vielleicht verschwörungstheoretischen) Klimawandel. Was ist, wenn irgendwas anderes passiert, was uns nicht gefällt, was vorher nicht da war. Wie werden wohl die Menschen dann reagieren? Wem wird Schuld zugeschoben? Wer war für den Wandel verantwortlich? Was kann getan werden? Was sind weitere Folgen? usw.

Am Ende ist vielleicht alles egal. Vielleicht entgeht uns ein entscheidender Punkt des ganzen Bildes. Wir verstehen ja eigentlich nichts. Wir wissen ja nicht mal, was es überhaupt auf sich hat mit dem Leben und der Erde und dem Universum und kein Mensch versteht sich wirklich selbst. Vielleicht ist alles gut so wie es ist und es kann auch nie anders sein. Wer weiß.

Willkommen im Leben. Was für ne wilde Sause es doch ist!

20.5.11

Saltspring Island - Kanada

Zunächst möchte ich noch mal was zum letzten Eintrag sagen.

Wie schon erwähnt ist das zuletzt Geschriebene aus einer eher miesrigen Stimmung heraus enstanden (zumindest zur Hälfte). Die Dinge die ich gesagt habe sehe ich zwar immer so, doch ist die emotionale Stimmung dazu über die Zeit hinweg sehr unterschiedlich.
Mal (in seltenen Zeiten) würde ich am liebsten (fast) alles in die Luft sprengen aber die meiste Zeit habe ich genug Kraft die Dinge zwar zu sehen, sie jedoch entweder zu ignorieren oder zu akzeptieren und darauf zu hoffen, dass ich den richtigen Weg gehe und dabei in der Zukunft von Nichts und Niemandem behindert werde. Dieser Punkt wird in meinem Leben wahrscheinlich die größte Herausforderung überhaupt sein.

Theoretisch ist es das leichteste der Welt im Einklang mit der Natur und dem Universum zu leben. Wir wissen Alles was wir wissen müssen, nur hat das Establishment kein Interesse an intelligenter und nachhaltiger Lebensweise. Um Konfliktlos innerhalb des Systems im Einklang mit der Natur leben zu wollen, braucht man viel Geld. Sehr viel Geld. Und sehr viel Geld zu haben steht dann schon wieder im Konflikt mit nachhaltiger Lebensweise. Beides ist nicht wirklich vereinbar, zumindest habe ich noch keine Weg gefunden und will auch keinen Weg finden. Man braucht entweder Schweine viel Geld, damit man sich sein eigenes Essen anbauen darf und damit man das Recht hat auf dem Planeten existieren zu dürfen, oder man hat kein Geld und zahlt jeden Monat brav seine Miete und ist bis ans Lebensende ein Sklave der Maschine. Dann gibt es natürlich noch sehr exotische Varianten, wie z.B. ein Bettler zu werden und dann nichts produziert, sondern nur konsumiert, was in einer Überflussgesellschaft aus meiner Sicht völlig legitim ist – jeder Mensch der aussteigt und das System aussaugt und nichts zu seinem Fortbestand beiträgt, tut vielleicht so mit das Beste (aus Mutter Erdes Sicht), was man tun kann. Jede Kaufkraft weniger, jeder Grund weniger zu produzieren (ich spreche hier von unnachhaltiger und ausbeuterischer Produktion) ist aus globaler Sicht ein Schritt in die richtige Richtung.
Ein anderer Weg wäre sich gewaltsam vom System abzunabeln, wie die autonomen Guerilla-Gegenden in Mexiko, sich sozusagen seinen eigenen Staat im Staat gründen. Diese Möglichkeit gefällt mir persönlich sehr gut, wenn es denn nicht immer mit Waffen zu erzielen sein müsse.
Regierungen geben nun mal nicht freiwillig irgendwelche Territorien an Querläufer ab. Ich bin mir sicher, dass sich Erfurt nicht einfach von Deutschland abspalten kann, wenn die große Mehrheit der Erfurter es so wollte. Und ich denke genauso wenig ist es möglich, dass man sich einfach mal 10 Hektar Land kauft und dann eine Unabhängigkeitserklärung an die Regierung schickt und dies bewilligt bekommt. Die Guerillos müssen sich ja auch bis an die Zähne bewaffnen, um ihre Vorstellung eines guten Lebens durchsetzen zu können. Es ist schon ein komisches Konzept, dass man Mitglied einer Gemeinschaft werden kann oder sein muss, aber nicht wieder austreten darf.

Mit Gewalt habe ich so meine Probleme. Gewalt ist definitiv aus meiner Sicht ein legitimes Werkzeug (sehr selten) und auf jeden Fall eines der effektivsten – es wird ja seit Jahrhunderten von den meisten Regierungen genutzt und wie effektiv es ist sieht man in der Spaltung zwischen nördlicher und südlicher Hemisphäre. Unser westlicher Lebensstil wird nur aufgrund von Gewalt in der dritten Welt und an der Natur gehalten. Doch sollte der Mensch doch eigentlich langsam mal lernen auch ohne Tod und Zerstörung seine Interessen durchsetzen zu können.

Ich bevorzuge definitiv den Weg der Liebe. Gewalt richtet Menschen zu Grunde, die die sie erfahren und auch die, die sie austeilen. Es ist außerdem viel aufregender und motivierender das Gute zu tun oder dem Guten zu folgen. Nur was ist, wenn es unmöglich wird auf dem legalen Weg das Gute zu tun?
Manchmal denke ich, dass wir an genau dem Punkt stehen. Es ist nicht mehr möglich auf friedlichem und legalem Wege das Richtige zu tun, zumindest nicht ohne Kompromisse. Und ich denke dann, dass wir einfach keine Zeit mehr für Kompromisse haben.
Gut, ich kann mir meine 10 Hektar kaufen (von welchem Geld auch immer). Doch dann muss ich auch immer noch Steuern bezahlen, muss für viel Geld ein Abwassersystem einrichten und was weiß ich noch. Wenn ich dieser Gelder nicht bezahle, dann wird, so weit ich weiß, mir das Land einfach wieder weg genommen. Also müsste man wieder arbeiten gehen und somit die Maschine weiter ankurbeln und dann würde ich wahrscheinlich an genau dem Punkt stehen, an dem ich jetzt stehe, nämlich noch immer genau mittendrin.

Doch jetzt kommts: der Grund warum ich nur manchmal alles mit so viel Wut und Verzweiflung sehe, ist, dass ich immer noch an die klitzekleine Möglichkeit glaube, alles so hinzukriegen, dass ich zufrieden bin.

Wenn Mutti sagt, dass alles irgendwann ein Ende hat, der Baum, Mensch oder Planet, dann ist das für mich ja auch völlig in Ordnung. Dem Universum ist es vielleicht Scheiß egal, ob hier alles den Bach runter geht. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht geht ja auch gar nicht alles den Bach runter. Dass der Mensch das Leben auf der Erde mit seinem Handeln komplett weg fegt glaube ich nicht. Das Mensch induzierte Massensterben der Arten ist vielleicht nur ein Klacks gegen frühere Meteroiteneinschläge, doch wollen wir uns mit solchen vergleichenden Beruhigungspillen zufrieden geben mit dem was passiert? Sicher, ein Meteor ist natürlich. Und wenn die Sonne eines Tages erlischt und alles stirbt, dann ist das auch natürlich. Und der Mensch ist auch natürlich. Doch wir haben ein Bewusstsein über unser Handeln und wir können uns entscheiden. Wir haben die Macht gewisse Dinge zu tun oder nicht zu tun. Es geht mir nicht hauptsächlich darum die Blumen zu retten, weil sie so schön sind (auch wenn dies eine Rolle spielt). Ich will sie vordergründig retten, weil ich von ihnen abhängig bin. Ich denke das Leben wird weiter bestehen, ob mit oder ohne Mensch. Nur sollten wir schleunigst anfangen das Leben so zu konservieren, wenn wir unseren eigen Arsch retten wollen.

Wenn jemandem Nichts an der Menschheit liegt, dann müssten wir natürlich nichts unternehmen. Dann machen wir einfach noch ein Bisschen weiter auf dieser wilden Achterbahnfahrt, auf der wir uns gerade befinden und gehen alle in einem pompösen Feuerwerk aus radioaktivem Fallout, heißer, giftiger Atmosphäre und ausgelaugten und verseuchten Böden. (Thema Atmosphäre: wieso bezahlt eigentlich niemand für bspw. Einen Kubikkilometer Atmosphäre für Luft zum Atmen? Für Land wird die Hand aufgehalten, für Wasser neuerdings auch. Luft wird wohl bald noch folgen. Vielleicht wenn alle Bäume weg sind und der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre so weit sinkt, dass Sauerstoff künstlich synthetisiert werden muss.)
Doch wenn man das Leben und die Menschheit liebt, dann sollte man sich verpflichtet fühlen, die Bedingungen so zu halten, damit die Menschheit weiter existieren kann.

Ich kann verstehen, wenn ältere Menschen einfach nur genießen wollen. Nach einem langen Leben versiegt mehr und mehr der Wille etwas ändern zu wollen. Ins Kino gehen, in den Urlaub fahren, halt einfach das System so lange genießen, wie es noch da ist und dann friedlich von der Erde verscheiden. Aber ich kann es leider nicht. Ich genieße natürlich mein Leben. Besonders gerade. Ich reise durch die Gegend, habe viel Geld gemacht letzten Winter (in der kanadischen Gasindustrie!!!), schlafe jeden Tag bis in die Puppen, habe Partys und Sex, habe ein Auto und so gut wie niemand sagt mir was ich zu tun habe. Doch alles Genießen, was mit direkter oder indirekter Zerstörung zu tun hat, macht mir immer weniger Spaß und ich verfluche mich selbst, dass ich es noch nicht lassen kann. Jedes Mal wenn ich mein Auto auffülle, zerreißt es mich innerlich und ihr könnt mir glauben, jeden Kilometer den ich fahre, fahre ich mit Schuldgefühlen. Jedes Mal wenn mich Calvin zu einem Laydown-Job geschickt hat, hat die Stimme meines Gewissens an mir rumgenagt.

Also vielleicht ist es ja so, dass ich nicht ein Problem mit der Welt habe, sondern einfach nur ein Problem mit mir selbst. Ja, ich denke so ist es. Auf die Welt habe ich so gut wie keinen Einfluss, das kann mir also relativ egal sein. Doch auf mich selbst habe ich Einfluss. Nur tue ich noch nicht, was ich tun sollte, obwohl ich zu wissen glaube was ich tun sollte (zumindest mehr oder weniger).
Ach herrje, jetzt bin ich aber verwirrt und muss mal über was anderes schreiben. Ich hab ja eigentlich auch nicht wirklich Ahnung, nicht wahr!? Mein größtes derzeitiges Ziel in meiner Persönlichkeitsentwicklung ist, alles zwar zu registrieren, doch trotzdem mein Lächeln nicht zu verlieren und einfach meinen Weg mit Überzeugung, kindlichem Spiel und emittierender Liebe zu beschreiten. War das ein wenig zu blumig ausgedrückt???

Sooohohoooo, nun aber mal zum Cob Workshop.

Der Fünf Tages Workshop ist schon lange wieder vorbei. Und was hat es mir gebracht? Natürlich dass ich mir jetzt mein eigenes Haus bauen kann (sofern man eine Baugenehmigung für diese Bauweise bekommt, was mir in Deutschland unwahrscheinlich erscheint. Aber ich werde sehen). Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich mir schon immer mein Haus bauen könnte und ich denke jeder kann das, doch bin ich nun um eine sehr tolle Art und Weise ein Haus zu bauen reicher. Ich möchte das noch mal betonen: JEDER kann ein Haus bauen, solange man nicht geistig oder körperlich so behindert ist, dass man den Hammer nicht auf den Nagel trifft. Wahrscheinlich wird keine Villa draus, aber ein Haus in dem man leben kann. Über diese optimistische Herangehensweise, die sich in den letzten Jahren der Reiserei in mir eingenistet hat, habe ich ja früher schon mal geschrieben. Bubbi und ich mussten nicht Bootsbau studieren, um ein perfekt Seetüchtiges Floß mit Segel zu bauen. Mit Cob ist es genauso.

Was ist nun aber Cob (im genaueren Oregon Cob)? Aus Deutschland und England kennt man es ja noch. Bei uns heißts Fachwerk und in England eben Cob. Der Unterschied zu deutschem Fachwerk ist dass das Lehm-Sand-Wasser-Stroh-Gemisch in das Holzskelett aufgefüllt wird und beim Oregon Cob komplett Holzlos gebaut werden kann. Wahrscheinlich gibt es dazu noch ein paar Unterschiede im Mischverhältnis.
Die Hauptgründe mit Cob zu bauen sind: Cob ist sehr belastbar, Erdbeben sicher, Brand sicher, (fast) komplett kostenlos (Sand, Lehm, Stroh und Wasser findet man überall), riesige thermische Masse, extrem viel Spaß beim Bauen, jeder (Kind bis Greiß) kann mitmachen, uvm.

Ich bin also vorletzten Sonntag auf Saltspring Island angekommen und Montag Morgen scharf um 9.00 Uhr gings ran an den Speck. Jeden Tag haben wir eine einstündige Einweisung in verschiedenste Themen bekommen wie z.B.: andere natürliche Baumaterialien, natürliche Wandputze, Fundament, Wand und Dachbau.
Im Prinzip hätte ich auch alles in einem Buch lesen und dann einfach loslegen können. Alles Wissen beruhte auf logischem Menschenverstand und Nichts war eine Wissenschaft. Doch es ist natürlich gut Erfahrung zu haben.
Nach der Einweisung wurde dann gearbeitet. Wir waren insgesamt eine 16 Mann-Gruppe von denen 12 Frauen waren. Das ist nicht verwunderlich, da der Workshop von den Mudgirls (Schlammmädchen) abgehalten wurde. Die Mudgirls sind ein reines Frauenkollektiv, dass mit Cob baut und Workshops veranstaltet. Demzufolge werden mehr Frauen als Männer angezogen.

Wir haben für ein irisches Ehepaar das schon angefangene Haus weiter gebaut. Es ist 107 Quadratfuß groß (müssten ca. 11 Quadratmeter sein). Das ist natürlich winzig (ich würde dort drin nicht für lange leben wollen), aber doppelstöckig und rund und sehr sehr süß. Wir haben viele Fenster und Flaschen in die Wände mit eingebaut, durch die dann das Licht scheint. Alle Materialien kamen entweder von der Müllhalde (Fenster, Flaschen, usw) oder eben aus der Natur.
Das Haus ist so klein, da man erst ab 110 Quadratfuß eine Baugenehmigung braucht. Übrigens, habe ich das erwähnt – auf Utopia und Cortez Island braucht man überhaupt keine Baugenehmigung. Keine Anträge, keine Genehmigungen, keine Architekten, keine Statiker, Nichts. Wenn man Land hat, baut man einfach drauf los und es funktioniert dort besser als irgendwo anders.

Am Morgen wurde zuerst auf Planen in vielen Haufen zusammen gemischt. Dazu schmeißt man einfach alle Zutaten auf die Plane und stampft dann für 15min drauf rum, bis das Zeug eine Brotteig ähnliche Konsistenz hat. Und dann baut man damit einfach mit Hand großen Klumpen die Wände hoch. Die schnellste Bauweise ist das natürlich nicht. Wir haben zu sechzehnt in fünf Tagen alle Wände gerade mal um 1,5m weiter hochgezogen. Nicht viel bei der Hausfläche. Doch mit ausreichend Zeit, Motivation und Freunden kann man innerhalb von Monaten einziehen. Außerdem kann man ja nach und nach mit jedem Jahr einen weiteren Raum anfügen. Der Fantasie sind beim Bauen mit Cob wirklich so gut wie keine Grenzen gesetzt. Alle Formen und Größen sind möglich.

Wenn die Wände fertig gebaut sind, wird alles mit einem Putz verschmiert. Der besteht aus Sand, Lehm, Wasser und kleinen Fasern wie Perde- oder Kuhscheiße, Haare, Wolle, etc. Und in dieser Phase kann man so richtig künstlerisch werden.

Molly, die Kursleiterin, hat uns am Vorletzten Tag zu ihrem Haus eingeladen. Das ist genauso groß wie jenes, das wir gebaut haben, aus den gleichen Gründen. Von außen ist es schon mal das schönste und organischste Haus, das ich je gesehen habe. Und von Innen in etwa auch. Auch wenn es mir wie gesagt zu klein wäre. Doch Molly wohnt dort mit ihrem Sohn, ist gerade wieder schwanger und ihr Freund kommt oft vorbei. Es lässt sich also auch auf wenig Raum mit einer Familie leben (fragt sich nur wie lange).
Da fällt mir natürlich noch mein Hauptargument für Cob ein: die organischen Formen. Ein normales Standarthaus ist so eine unnatürliche Umgebung, dass ich mich frage, wie wir die letzten hunderte Jahre eigentlich so leben konnten. Als ich fünfzehn oder so war, habe ich mir in mein Zimmer Holzdreiecke in die Ecken des Raumes geschraubt, um dem ganzen wenigstens ein Bisschen Rundlichkeit zu verleihen. Das fand ich schon toll (die blieben ja auch für Jahre hängen), doch wenn man erst mal in einem richtige Lehmhaus steht, will man nicht wirklich wieder raus. Ich hätte Mollys Haus am liebsten einfach mitgenommen. Tja, muss ich mir halt mein eigenes bauen. :)

Das einzige was ich komisch fand an dem Workshop war der Geldfaktor. Immer wenn Geld im Spiel ist läuten meine Alarmglocken. Klar Geld ist ein super sinnvolles Werkzeug, dass den Handel erleichtert, doch es korrumpiert die Menschen so schnell und wird oft pervertiert. Meine Bedenken an dem Workshop waren die folgenden. Ich habe 185 Dollar für Essen bezahlt. Uns wurde gesagt, dass die Mudgirls kein Geld bekommen für die Workshops. Wir bezahlen also nicht die Mudgirls sondern nur für das Essen und den Koch, der gestellt wurde. Das machte für mich aber keinen Unterschied, denn unterm Schlussstrich habe ich 185 Dollar dafür bezahlt, dass ich in heiden viel Arbeit ein Haus baue. Normalerweise ist es so, dass Leute Geld dafür bekommen, wenn sie ein Haus bauen und nicht umgekehrt. Der Gedanke hinter der Sache ist der folgende: unsere Arbeit war die Gegenleistung für das Wissen, das Molly uns vermittelt hat. In meinen Augen war das aber überhaupt keine faire Gleichung. Denn wie ich schon erwähnt habe, hätte ich alles auch in einem Buch nachlesen können. Ich finde das Mindeste wäre gewesen den Arbeitern auch das Essen zu bezahlen. Der Sinn ist ja nicht ein Haus komplett for free zu bekommen, sondern einen gerechten Austausch von Arbeit und Gegenleistung zu gewährleisten. Das hängt hier aber mit der Nordamerikanischen Bildungskultur zusammen. Bildung kostet hier einfach mal sooooooo viel Geld. Viele die mit der Uni fertig sind, sind danach teilweise bis 100.000 Dollar verschuldet. Und das ist hier ganz normal. Also denken alle: „Wow, ein Wochenkurs für Cob-Bauweise für nur 185 Dollar? Das ist ja ein Super-Schnäppchen!“. Aus meiner deutschen Sichtweise, wo Bildung normalerweise kostenlos ist (so wie es sein sollte), fühlt sich das dann etwas komisch an Geld für eine Stunde Bildung am Tag zu bezahlen und dazu noch 5 Stunden am Tag echt hart zu arbeiten.
Ich fände es jedenfalls komisch an alle meine Freunde und Familie einen Brief zu schreiben: „Hey, wollt ihr alle für fünf Tage auf mein Grundstück kommen und mir helfen mein Haus zu bauen? Ihr arbeitet kostenlos, müsst aber 25 Euro am Tag für Essen an mich bezahlen. Ach ja, und jeder muss ein Zelt mitbringen und Dusche gibt’s nicht. Frohes Arbeiten!“.

Ich mache den Mudgirls keine Vorwürfe. Die stellen zur Cob Cottage Company, bei der man für den gleichen Workshop 800 Dollar die Woche zahlt, eine gewaltige Alternative dar. Doch trotzdem fühlt sich die Beteiligung von Geld instinktiv selbst bei noch so kleinen Beträgen als falsch für mich an. In Nordamerika ist halt nichts um sonst. Doch hier kommt ja auch der hardcore Kapitalismus her, der die Welt vergiftet und diese Grundeinstellung zeigt sich eben bei solchen Sachen.

Trotzdem war ich sehr froh, dass ich den Workshop gemacht habe. Und ich kann es ja dann anders machen.

Morgen kommt Becky spontan nach Victoria, wo ich sie abhole und wir dann für drei Tage an einem Strand an der Westküste von Vancouver Island kampieren werden. Wir sind beide natürlich super aufgeregt uns wieder zu sehen.

11.5.11

Utopia - Kanada

Zunächst möchte ich erstmal der Verwirrung vorbeugen. Die Insel, die ich besucht habe nenne ich Utopia. Ich nenne sie so, da ich eindeutige Anweisung erhalten habe keine Werbung zu machen. Bleibt fern von diesem Ort. Er ist böse, besiedelt mit griesgrämigen alten Hippies, die euch in Stücke schneiden wollen. Meine Eltern kennen den Namen und können ihn an interessierte Nahestehende weiterSAGEN (nicht als Kommentar schreiben!).

Außerdem habe ich diesen Text vor einigen Tagen schon vorgeschrieben und nun nur noch mal korrigiert. Er endet in einer realtiv verzweifelten Aufwallung und representiert nicht meinen jetzigen Gemütszustand, obwohl diese Aufwallung natürlich in jeder Minute meines Lebens im Untergrund schwelt und manchmal ausbricht. Auch drehen sich fast alle Gedanke und Gespräche in meinem Leben um die Themen, zu denen ich am Ende was sagen werde, nur ist die emotionale Färbung immer mal anders. Mal bin ich verzweifelt, mal radikal agressiv und wütend, mal akzeptierend und konstruktiv. Das kommt dann drauf an wie viel ich von diesen Sachen auf mich lade und in welcher Stimmung ich gerade bin.

Einige Äußerungen habe ich fast eins zu eins von diversen Quellen übernommen, weil sie mit Formulierungen genau den Nagel auf den Kopf treffen, wie ich selbst darüber denke.

Viel Spass beim Lesen.

Nachdem ich all meine Speisen im Supermarkt erworben habe (auf der Insel gibt es keinen), stellte ich mein Auto auf einem hoffentlich sicheren Platz ab und rannte zur Fähre runter. Hätte ich diese verpasst, dann wäre das kein Problem gewesen – drei Tage später hätte ich ja schon wieder die nächste nehmen können.
Bei “Fähre” denken jetzt aber wahrscheinlich die meisten an ein Schiff, wie z.B. eins, das von Rostock nach Malmö oder von Alexandrouplolis nach Samothraki fährt – eines, auf dem ein paar hundert oder tausend Leute Platz haben. Die Fähre nach Utopia ist aber eher ein umgerüstetes Boot, gebaut für einen Zweck und dann umgerüstet für einen völlig neuen – den Transport von einer handvoll Hippies von und nach Utopia einschliesslich Kistenweise Futter, Hühnerzeune und andere Utensilien, die die lasquetischen Rohstofflagerstätten nicht hergeben.
Ich habe vorher schon erfahren, dass die Utopians nicht besonders gastfreundlich aber auch nicht abweisend sind. Dieser Gedanke klebte mir ein Bisschen im Hirn fest und so habe ich mich nur auf die Kleinigkeiten bei den Leuten konzentriert, die als Abneigungsreaktion zu deuten prädestiniert gewesen wären. So habe ich mich ein wenig invasiv auf der Fähre gefühlt, irgendwie so, als müsse ich mich noch beweisen, als müsse ich zeigen, dass ich als Neuer keine Gefahr für die Inselharmonie darstelle. Jetzt, gerade wenn ich darüber schreibe, wird mir erst mal so richtig bewusst, wie ich in solchen Situationen immer in den gleichen Verhaltensmodus reinfalle: wie ein kleines ängstliches Reh versuche ich so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf mich zu ziehen und ganz genau zu beobachten was alle anderen machen, um dann abzuschätzen, was ich mir als fremder Eindringling so erlauben darf. Das ist die Taktik, die ich immer und immer wieder anwende, wenn ich reise und in Situationen und Orte komme, die ich nicht verstehe und abschätzen kann. Und ich denke das ist ganz gut so. Durch diese „halt die Klappe und beobachte“ - Strategie bringe ich mich am seltensten in Schwierigkeiten und lerne am Schnellsten die ersten Feinheiten, die sich eventuell als wichtig herausstellen, um mit den Menschen erste erfolgreiche Annäherungsversuche zu starten.

Jedenfalls habe ich mich still und leise auf eine der hölzernen Sitzbänke gesetzt und die vielleicht 30 Menschen, die auf dem Boot waren, beobachtet.
Aufgefallen ist mir sofort, dass sobald die Fähre abgelegt hat, die Hälfte aller Männer erst mal ein Bier rausgeholt haben und anfingen zu trinken. Es hat aber nicht abstoßend gewirkt (wie Alkoholiker) sondern eher wie eine Tradition, so nach dem Motto:“Ahhh, endlich wieder raus aus der nervigen Zivilisation und rein in unser Territorium, wo wir sagen was abgeht und nicht die Bullen oder sonst wer.“ Und das wurde halt mit einem Bier kund getan. Das war jedenfalls mein Eindruck. Ich dachte mir nur sofort:“Was, wieso trinken denn alle? Alkohol ist doch in der Öffentlichkeit verboten. Wieso sagt denn die Schiffscrew nicht was dagegen?“ Wie gesagt, nicht dass es mich gestört hätte, aber es fällt halt einfach auf wenn kollektiv auf einmal eine größere Gruppe von Erwachsenen (die nicht kriminell wirken) anfängt das Gesetz zu brechen. Später habe ich mir dann sagen lassen, dass die Utopians eben wirklich die Fähre mit zu ihrem Territorium zählen und dies eben impliziert, dass ab dieser Grenze Utopiagesetze herrschen.

Ohhh, jetzt habe ich ja aber noch gar nicht erzählt, wie ich überhaupt zu Utopia kam.
Als ich noch in Comox/Courtenay war, bekam ich eines Tages eine eMail von der Couchsurfing-Website von einem anderen Deutschen Namens Birch-Bark-Bobananda (Birkenrinden-Bobananda). Es gibt bei Couchsurfing eine Funktion, dass man schauen kann, welche andere Reisenden gerade in der Gegend sind und über diese Funktion hat Robert (BBB) mein kleines Bild entdeckt, wo ich mit der SS-Recycle den Yukon runter fahre (also Couch surfe, hihihi). Da dachte er sich:“Cooool, der sieht nach nem lässigen Typen aus, dem sage ich, dass er mal nach Utopia kommen soll.“
Robert ist auch ein Langzeitreisender, der ebenfalls ziemlich irre Sachen gemacht hat, wie z.B. sich ein Kanu aus Birkenrinden bauen (nach alter Indianertradition) und damit den Yukon runter fahren. Er lebte die letzten 10 Jahre oder so auf Utopia mit ein paar Päuschen dazwischen. Zur Zeit wohnt er halt in einem Haus von Freunden und sein Schulbus, den er sich für lächerliche 850$ bei einer Auktion gekauft und zum Haus ausgebaut hat, hält er für Couchsurfer bereit (ich in dem Falle), die dann dort drin wohnen können.
Er sagte mir, dass Utopia wie ein gallisches Dorf ist, ohne Elektrizität (außer man hat seine Solarzellen), ohne Abwassersystem, keine geteerten Straßen, keine Autofähre zur Insel und nur ca. 300-400 Bewohnern (niemand weiß es so wirklich genau), von denen viele wie Hippies aus dem Bilderbuch in ihrer kleinen Hütte im Wald leben, sich ihr Gemüse anbauen, die Scheiße kompostieren (dann auf den Garten zurück werfen und am Ende wieder essen – in Form von neuen Pflanzen) und sich mit Solarzellen oder Wasserrädern ihr Kilowatt am Tag reinholen, mit dem sie sich am Abend mit der Leselampe hinsetzen können und Hippiebücher lesen. Klang also nach genau meinem Ding – und nun bin ich eben hier.

Auf einer offiziellen Website habe ich gelesen, dass Utopia die gebildetste Community (auf deutsch heisst das glaube ich Landkreis) von ganz BC ist. Hier “wimmelt” es nur so von Akademikern, Ingenieuren, Künstlern, Programmierern usw. Tja, die richtig intelligenten Leute wissen halt wie man leben sollte. :)
Viele Ammis, die bei einem der größten Terrorismus-Attentate des letzten Jahrhunderts (Vietnamkrieg) nicht mitmachen wollten, sind geflohen und auf Utopia gelandet. Dazugekommen sind dann noch einige Deutsche, Schweizer, Polen, und was weiß ich was. Eine ganz bunt gemixte Truppe, von denen die wenigsten wirkliche Lokals sind. Obwohl man sagen muss, dass die wirklichen Lokals schon lange weg sind. Die wurden ja ausgerottet von den Bleichgesichtern.

Drüben angekommen lief ich am einzigen Hotel der Insel vorbei, dann an drei oder vier weiteren Häusern und das war´s auch schon von Downtown. Es gibt halt nicht wirklich ein Dorf auf der Insel. Alle paar hundert Meter oder Kilometer steht vereinzelt ein Haus im Wald oder Strand. Es gibt eine „Hauptstraße“ (würde man in Deutschland eine Schotterpiste nennen), von der dann links und rechts die Zugangswege zu den einzelnen Grundstücken führen. Wenn es keine Autofähre gibt, dann mag sich vielleicht einer fragen, wie dann die wenigen Autos der Insulaner auf die Insel gekommen sind. Es gibt einen Typen, der eine alte rostige Schunke hat, mit der er für ein paar hundert Dollar Autos rüber holt. Es hat nicht jeder ein Auto und so funktioniert trampen natürlich eins A. Das erste Auto hat angehalten und mich bis zu Robert mitgenommen.

Das Grundstück ist klasse. Mitten im Wald (aber nur 200m vom Meer weg) steht ein Blockhaus, ein Holzhaus und Roberts Bus auf einer großen Lichtung mit kleinem verwildertem Garten, Werkstatt und Kannibalenbad, wo Robert gerade drin verschwunden ist, als ich ankam. Das Kannibalenbad ist einfach nur eine Badewanne vom Schrottplatz, unter der ein Feuer gemacht wird und man dann nach einer halben Stunde ein schönes heißes Bad hat.

Am nächsten Tag sind wir mit einer Freundin von BBB quer über die Insel gefahren, um von einem Strand Treibholz für eine Hütte zu suchen. An den Stränden in Kanada liegen Stapelweise riesige Baumstämme rum. Die kapitalistische Maschinerie macht die Wälder komplett platt – bähm, clearcut - und lagert sie zum Abtransport im Wasser. Man sieht in vielen Forststädtchen riesige Teppiche aus Baumstämmen in Buchten, die alle von einer Kette aus Baumstämmen an Ort und Stelle gehalten werden. Wenn dann aber mal bei einem Sturm so eine Kette zerreißt, dann treiben eben einige Stämme einfach davon und landen später in all den tausenden Buchten von Nordamerika.
Jede Bucht hier an der Westküste ist wie ein gigantischer Holzmarkt, wo man sich einfach nehmen kann, was man braucht. Das ist natürlich wieder illegal, weil nach Gesetz die Bäume immer noch den Forstbetrieben gehören, aber das interessiert natürlich niemanden, besonders weil es nie jemand rausfindet. Da liegen dann halt wirklich teilweise hunderte Jahre alte einen Meter dicke Gelbzedern im Wert von tausenden Dollar am Strand rum. Wir haben uns zurecht gesägt was wir brauchten und auf den Truck geladen, sind wieder zu BBB gefahren und haben noch weiteres Holz dazu gehievt. Beim letzten Stamm den ich auf die Ladefläche geschoben habe ist es dann passiert.
Da bin ich aus Versehen mit dem Ende des Stammes an das Heckfenster angestubbst und dann knisterte es und die Scheibe hatte mehrere tausend Risse und fiel in sich zusammen. Ich habe genau die Kante vom Fenster erwischt, da wo die Einfassung ist und wo das Glas am sensibelsten reagiert. Das dumme war, dass Karla den Truck nur für diesen Tag von ihrem Dad ausgeliehen hat. Und ich habe seinen Wert nun deutlich dezimiert. Doch mit einem alten Duschvorhang und Panzertape wurde die ganze Geschichte auf Utopiastyle im Nu wieder in Ordnung gebracht und ich helfe in ein paar Tagen eine „neue“ Scheibe vom Schrottplatz mit ein zu setzen.
Überhaupt, der Schrottplatz und der Freestore sind die einzigen „Shoppingmöglichkeiten“ auf Utopia. Leider kann man dabei kein Geld ausgeben weil alles kostenlos ist – verdammt!

Als wir an dem Tag das Holz geholt haben, sind wir auf dem Rückweg noch bei Freunden vorbei gefahren und haben Hallo gesagt. Brigitte, eine Österreicherin und Joseph leben in einer Traumbucht. Als ich dieses Grundstück gesehen habe, kam mir ernsthaft die Tränen. Die haben sich dort ein Leben aufgebaut, genauso wie ich es mir vorstelle. Ein kleiner See in einem flachen Tal, direkt dahinter ein großer Garten mit allem möglichen an Gemüse und Obst, dann eine große Obstwiese mit Schafen und Hühnern drauf, dann ihr wunderschönes Haus, umwuchert von Garten und Bäumen, dann wieder eine kleine Wiese und dann der Strand und Blick auf Vancouver Island. Einen perfekteren, fruchtbareren Ort zum Leben kann ich mir gar nicht vorstellen.

Ich setzte mich auf die Wiese, die Sonne hat geschienen, alles war in Blüte, die Tiere sind glücklich um mich rum gehüpft und dann dieser Blick am Haus vorbei in die Ferne auf den Ozean nach Vancouver Island am Horizont. Es bildete sich ein Kloß in meinem Hals und ich musste mir wahrhaftig die Tränen unterdrücken. Zum einen wegen dieser perfekten Schönheit des Ortes und zum anderen wegen der mich plötzlich überrollenden Traurigkeit, die der Realisierung entspross, dass es sehr schwierig und langwierig sein würde, dass ich selbst irgendwann an so einem Platz leben könnte. Es sind einfach zu starke Mächte in der Welt am werkeln, die mich nicht dort als Sebsversorger sehen wollen, sondern in einer abgefuckten Stadt in einem Plattenbau, in dem ich in der Nacht schlafen kann und am Tag mich für eine psychopathische Weltwirtschaft abrackern soll, die mir dies als den Weg zum Glück vorgaukelt. Das schwierige an solchen Realisierungen ist, dass ich weiß oder zumindest zu wissen glaube. Wenn man erst mal weiß, kann man nicht mehr zurück gehen. Man kann die Bewusstseinleiter nicht wieder runter steigen. Man kann nur verweilen oder sie immer weiter hinauf steigen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das eigene Leben akzeptieren. Natürlich kann man sich selbst belügen und umdrehen aber die Frage ist, ob man dann noch das Ziel erreichen kann. In Selbstbetrug findet man wahrscheinlich kein Glück. Ich denke jedenfalls nicht, dass ich so einfach ohne weiteres umdrehen kann, die letzten drei Jahre zurück spulen kann, alles vergessen was ich gesehen und erlebt habe und dann dort weiter machen, wo die meisten nach dem Zivi weiter machen – studieren, arbeiten, mehr Kinder machen, den Wagen weiter in die Scheiße reiten. Irgendwann muss doch irgendwer mal irgendwas unternehmen.

Nun ja, jetzt bin ich wenig abgeschweift. Ich war so ergriffen von Brigittes und Josephs kleiner Farm, dass ich einfach gefragt habe, ob sie nicht ein wenig Hilfe brauchen. Mein Angebot wurde dankend angenommen und wir verabredeten uns für den folgenden Sonntag in der Community Hall.

Eines anderen Tages wurden wir zu einem Potluck eingeladen. Ich weiß grad nicht mehr, wie man das auf Deutsch nennt. Das ist eine Party, wo alle etwas anderes zu Essen mitbringen und dann gibt’s ein großes Überraschungsbuffet.
Auf dem Weg dort hin, wir waren eine coole kleine Fahrradgang, kamen wir an eine Unfallszene. Cody, einer der wenigen Insel-Teens und seine Freunde, haben mit dem Auto ein Mutterschaf angefahren, welches schon halb im Delirium am Straßenrand lag. Es konnte nicht mehr aufstehen, hatte wahrscheinlich eine gebrochene Hüfte und innere Blutungen. Cody kam gerade von seinem Haus zurück als das Drama erreichten. Er hat in der Eile nur ein großes Küchenmesser gefunden und war selbst etwas unter Schock und fragte ob das jemand schon mal gemacht hätte. Man konnte richtig die Angst, die aus seiner Verantwortung entsprang, spüren.
Ich hatte das ja schon hinter mir. Der Spirit der Samothraki-Ziege wird bis an mein Lebensende über mir schweben und auf mich warten. Glücklicherweise hatte David der Schweizer es auch schon hinter sich. Er war in seiner Jugend ein Alpen-Kuhtreiber und hat schon ein paar Schafe gemeuchelt. Er hat sich gewunden, da er das Töten eigentlich verabscheut, aber die Situation erforderte es nun einmal.

Nachdem der Hals durchgeschnitten war, war ich erstaunt, wie lange es dauerte, bis das Schaf wirklich tot war. Nach fünf Minuten tat es die letzte Zuckung. Wir haben ja damals gleich den ganzen Kopf abgeschnitten und unsere Ziege hat nach 20 Sekunden nichts mehr gespürt. Aber dieses Schaf hatte wirklich einen intensiven Tot. Es gab zwar keinen Ton von sich, doch war das Erlebnis nicht minder beeindruckend. Besonders fasziniert hat mich der Blick ihrer Augen während des Sterbens. Zuerst schloss es die Augen immer weiter, doch ganz langsam, bis es sie fast geschlossen und manchmal hochgerollt hat wahrscheinlich aufgrund von Bewusstseinsverlust. Doch plötzlich gingen die Lieder wieder auf, es tat ein paar letzte Zuckungen und genau dieser Blick hat mich so fasziniert. Es war, als könnte man förmlich sehen, wie die Seele den Körper verließ. Als ob das Schaf ein letztes extravagantes Erlebnis erfuhr – der Tunnel mit dem Licht am Ende oder so.

Wir haben es an einem Baum zum weiteren Ausbluten aufgehangen, sind zum Potluck weiter gefahren und haben uns danach dann bei David zu Hause ans Häuten und Ausnehmen gemacht. Das war sehr ähnlich wie bei der Ziege, nur das einige Organe ziemlich zerfetzt waren und ich von dem Gestank fast gebrochen habe. Doch am Ende haben wir es alle gut überstanden und das Fleisch war nun auch ganz lecker.

Die Woche bei Brigitte und Joseph war phänomenal. Ich hatte mein eigenes Haus mit direktem Blick aufs Meer. Um genau zu sein stand mein Haus auf dem Strand. Das gibt hin und wieder mal Probleme, wenn bei einem besonders bösen Sturm und Hochwasser der Fußboden geflutet wird. Dafür tritt man aber vor die Tür und steht sofort im Sand.
Die meiste Zeit habe ich mich damit beschäftigt Zäune um Obstbäume zu ziehen. Die viel zu schlauen Schafe schaffen es immer wieder an die Rinde heran zu kommen und die Ziegen scharren den Mulch vom Boden weg, der die Feuchtigkeit in der Erde hält und unerwünschte Pflanzen vom Sprießen hindert. Joseph hat in den letzten drei Jahren alle möglichen Systeme ausprobiert und nun die perfekte Variante gefunden. Zur Abwechslung „durfte“ ich auch mal „Unkraut“ jäten und habe währenddessen alle meine Fragen zu Pflanzen und Gärten beantwortet bekommen. Zusammen jäten ist zehn mal besser als alleine. Zusammen arbeiten und leben ist zehn mal besser als alleine. Community ist zehn mal besser als Individualismus. Zumindest für mich.

Im Gegenzug für meine verrichtete Arbeit wurde ich mit Unterkunft und Nahrung versorgt. Jeden Abend saßen wir bis spät in den Abend hinein und haben ein gemeinsames Abendessen und sehr interessante Gespräche genossen.
Die beiden sind zwei hoch gebildete Menschen und haben mir einen kraftvollen Boost in Sachen Wirtschaftszusammenhänge, Nachhaltigkeit, Leben auf dem Land usw. gegeben. Sie haben für viele Jahre in einer Art Hippiekommune gelebt. Das war natürlich perfekt für mich. Das erste Mal konnte ich mit unmittelbaren Erfahrenen reden. Es ist ganz gesund mal ohne utopische Vorstellungen in diese Thematik einzudringen und die Expertise von Leuten zu bekommen, die solch ein Experiment schon mitgemacht haben. Das ist das Gute: So viele Hippies haben schon vor mir großartige Projekte ausprobiert. Viele sind gescheitert, doch einige haben sich als wahrhaftige Alternative zur Mainstream-Gesellschaft heraus kristallisiert. Man weiß nun langsam was wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt ist und was das Potential hat zu bestehen. Dieses unschätzbare Wissen steht nun meiner Generation zur Verfügung, damit schon gemachte Fehler vermieden werden können und ein wirkliches Wachstum daraus resultieren kann. Ein Wachstum in der menschlichen Kultur und Spiritualität und nicht im materiellen Sinne.

Ich war relativ erleichtert, als ich feststellte, dass viele Vorstellungen zu Landleben, Nachhaltigkeit und sozialen Projekten doch nicht ganz so naiv zu sein scheinen, wie ich befürchtete. Natürlich sind selbst diese Vorstellungen immer noch ein Stück weit weg von der Realität, doch dieses Problem lässt sich immer nur durch wirkliche Praxis beseitigen. Und nach und nach setzt sich selbst bei mir mein Weltbild mehr aus Praxis beeinflussten Aspekten und nicht mehr nur aus rein erdachten Konzepten zusammen.

Jedenfalls war ich doch sehr beeindruckt, wie selbstversorgend und relativ unabhängig Brigitte und Joseph und viele andere hier auf der Insel ihr Leben bestreiten. Man muss sich nur mal an den Hafen stellen und schauen, was mit jeder Bootsladung so auf der Insel landet. Im Vergleich zu dem was jeden Tag in eine Stadt gekarrt wird, ist das Nichts. Eine Stadt ist bei weitem die abhängigste und unnachhaltigste menschliche Lebensgemeinschaft. Utopia ist, die von mir bisher erfahrene, unabhängigste. Doch selbst hier müssen noch deutliche Mengen an Rohstoffen oder Fertigprodukten hergeschifft werden. Nur wenn mal ein Handelsstrom abreißt, dann denke ich, dass auf Utopia mehr oder weniger alles weiter läuft. Im Gegensatz dazu wird in Berlin die Hölle sein!!!

Manch einer fragt sich vielleicht, warum ich andauernd und immer mal wieder mit diesem „Ökomist“ anfange. Ich fange immer mal wieder mit diesem „Ökomist“ an, weil es mich manchmal innerlich zerreißt. Es war nie anders in meinem Leben, nur gewinne ich mehr und mehr an Wissen dazu, das mir die Tränen in die Augen treibt. Dass etwas mit unserer Welt nicht stimmt wusste ich schon immer, als Kind und jetzt immer noch. Nur häufen sich nun immer weiter Erkenntnisse zu Zusammenhängen an. Der größte Konflikt meines Lebens ist, dass ich einen Weg für mich finden muss, dass ich mein Leben im Einklang mit der Natur leben kann, dass ich nicht bei der Mainstream-Gesellschaft mitmachen muss, da diese einfach gegen mein Gewissen und meine angeborene Weisheit bezüglich meines Lebensraumes handelt. Mit dieser angeborenen Weisheit meine ich beispielsweise folgende Situation: Niemand wird bei dem Anblick eines abgeholzten Waldes sagen:“Ohhh, was für ein wunderschöner Kahlschlag.“ Ganz instinktiv wird jeder, ob alt oder jung, eine Abneigung zu solch einem Bild empfinden. Wir alle wissen also was wir nicht tun sollten, doch tun es trotzdem. Das sind zwei Kräfte die gegeneinander kämpfen: die Macht des Gewissens und das, was man am Ende tut (was meistens gegen das Gewissen ist, ob nun bewusst oder unbewusst).
Der Mensch sägt am Ast rum, auf dem er sitzt und weiß es sogar. Doch er sägt immer schneller und schneller. Das ganze mag gut gehen, für vielleicht 1000 oder 2000 Jahre wie bei den Sumerern oder aber vielleicht nur für 300 Jahre. In unserer Zivilisation tendiere ich eher zu 300 Jahren. Um ganz genau zu sein denke ich, dass wir jetzt genau, in den nächsten Jahrzehnten einen Schwellenpunkt erreicht haben werden, wo alles dann ganz schnell wie ein Kartenhaus zusammenfällt. Die Verlinkung aller Systeme in unserer Zivilisation sind einfach so gefährlich, dass wenn ein wichtiger Knotenpunkt wegfällt, das ganze System mehr oder weniger zusammenfällt. Ich denke das die größte Rolle dabei das Öl spielen wird.
Was wird wohl passieren, wenn der Benzinpreis auf 5 oder gar 10 Euro pro Liter steigt? Wer transportiert dann die Lebensmittel in die Supermärkte? Wo kommt das Essen von vornherein her, wenn es kaum mehr Öl gibt? Zumindest in der Agrarwirtschaft in Nordamerika wird Öl fast direkt in Essen umgewandelt. Mit dem Haber-Bosch-Verfahren wird aus Öl Nitratdünger hergestellt, ohne den auf einem industriellen Feld fast Nichts mehr läuft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Deutschland viel anders ist. Für jedes neue Auto das auf die Straße rollt wurden hunderte Fässer Öl für die Produktion verballert. Jeder kleinste Artikel wurde mit Öl hergestellt. Wie soll das denn kompensiert werden, wenn es erst mal alle ist? Mit Solarzellen? Mit Windrädern? Ganz bestimmt nicht. Die Energiebilanz von alternativen Energien ist einfach zu schlecht. Man kann nicht mit Solarzellen Strom produzieren, mit dem man dann alle möglichen Maschinen betreibt (die man erst noch umrüsten müsste), welche Erze und alle möglichen anderen Rohstoffe abbauen, um daraus wieder neue Solarzellen herzustellen und am Ende so viel Strom über bleibt, der dann für alle anderen Industrien und Privathaushalte genutzt werden kann. Ich weiß es natürlich nicht – ich habe keine Rechnungen dazu selbst angestellt oder Experimente durchgeführt. Aber ich habe Bücher und andere Quellen gelesen, die dies anscheinend getan haben und denen ich einfach vertrauen muss. So läufts halt mit „Wissen“ - das meiste ist nur abgekupfert.

Wenn solche Gedankengänge dann im Auge habe, dann frage ich mich, was es eigentlich bringt überhaupt irgendwas zu studieren? Da lerne ich nicht wie ich mir mein Essen auf nachhaltige Weise anbauen kann oder wie ich mir ein Haus zusammen basteln kann. Ein Beruf wäre da eigentlich schon viel sinnvoller. Doch selbst dann könnte ich mein halbes Leben lang mit Berufe lernen vertreiben. Drei Jahre Schreiner, drei Jahre Tischler, drei Jahre Agrarwirt, drei Jahre Häuslebauer usw. Ich will mich ja nicht spezialisieren. Ich bin nicht daran interessiert zu wissen, wie ich eine Autobahnbrücke baue. Ich will in allen Bereichen genug Expertise haben, um mein Leben leben zu können und zwar auf nachhaltige Weise. Ich will nicht Fünf Tage die Woche in ein Büro latschen, wo ich einen Job mache, der Nichts produziert, den es nur gibt, weil es zu viele Menschen gibt, die beschäftigt werden müssen, für den ich dann jeden Monat mein Geld bekomme (was ja eigentlich nur Papier ist und überhaupt keinen Wert hat, da ich es nicht Essen oder anbauen oder anziehen kann) und mir von diesem Geld in einem Laden mein Essen, meine Kleidung und alles andere kaufe. Das was ich dann tun würde, hätte rein gar nichts mit meinem Leben zu tun. Meine Beschäftigung wäre völlig abgekoppelt von meinen Bedürfnissen. Ich hätte keine Beziehung zu meinem Essen, meinem Haus und vielen anderen Dingen.

Spezialisierung birgt eine riesige Gefahr. Wenn nicht alle reibungslos funktionieren, dann gibt’s Probleme und zwar bis in die entferntesten Winkel des Systems.

Ein Crash ist aus meiner Sicht unvermeidlich. Mit unseren fast sieben Milliarden Menschen auf der Erde habe wir ihre Kapazitäten wahrscheinlich schon weit überschritten. Die meisten Quellen reden von einer bis zwei Millarden Menschen als Maximum für Nachhaltigkeit auf der Erde. Alles was drüber ist, mag für eine Weile gut gehen (wie bei uns mit Hilfe von Öl), doch irgendwann folgt nach jeden steilen Aufstieg immer ein steiler Abstieg. So ist nun mal die Populationsdynamik und jede Spezies unterliegt ihr – auch der Mensch. Nur bezweifle ich, dass die meisten in der dritten Welt sterben, wie es bisher der Fall war. Ich denke, dass ab einem Punkt überall die Leute wegsterben, egal ob Europa, Amerika oder Afrika. Bisher hat sich der Westen ganz gut damit geschlagen alles Negative in die dritte Welt zu exportieren (Arbeiterausbeutung, Kinderarbeit, Umweltprobleme, usw.) und nur den Glitter heim zu fahren. Doch das funktioniert nicht bis in alle Ewigkeit so. Alle Imperien sind zusammen gebrochen und das westliche Imperium wird auch zusammenbrechen. Vielleicht dauerts länger aber es wird sicher irgendwann passieren. Wenn das passiert, will ich nicht angearscht sein. Es geht auch nicht nur darum. Selbst wenn alles noch mehr oder weniger weitere 500 Jahre beim Alten bleibt – das ist kein Grund nicht sofort anzufangen das richtige zu tun.

Doch was ist nun das richtige? Für mich ist ein guter Anhaltspunkt ein paar Generationen in die Zukunft zu blicken. Wenn die kommenden zehn Generationen genauso leben wie ich, hat dann jeder die gleiche Chance, die gleiche Ausgangssituation, die gleichen Ressource? Auf was werden meine Ur-Urenkel stolz auf mich sein? Wahrscheinlich nicht ob ich ein Auto gefahren habe, dass nur 3 Liter verbraucht hat oder ob ich meine Tetrapacks brav recycled habe oder ob ich immer das Licht ausgemacht habe, wenn ich das Zimmer vieließ. Die werden einen Dreck darauf geben. Wahrscheinlich werden sie eher auf Dinge stolz sein wie: habe ich der Bushbande einen Kopfschuss verpasst? Habe ich Monsanto in die Luft gesprengt? Habe ich Staudämme und Atomkraftwerke nieder gerissen? Oder einfach nur – habe ich ein friedliches Leben gelebt, das kreisförmig und nicht linear ist, also nachhaltig, und das Wissen um diese Lebensweise weiter gegeben und verbreitet? Ich weiß es nicht, habe aber so meine Gedanken dazu. Wenn ich all die Generationen vor mir in Deutschland schaue, dann bin ich ja auch alles andere als stolz. Und damit meine ich nicht nur Hitler und Konsorten. In gewisser Weise verdamme ich euch – all ihr meine Vorväter-und Mütter, dass ihr es zugelassen habt (oder selbst daran teilgenommen habt) den Wald in Deutschland abzuholzen und Plantagen an seine Stelle zu setzen. Ich verdamme euch, dass es keine Bären mehr gibt, keine Wölfe, keine wilden Pferde, keine Mammuts usw. Ich verdamme euch, dass ihr nicht gegen die industrielle Tötungsmaschine angekämpft habt, die wir heute ganz banal Wirtschaft nennen. Ihr seid der Grund, dass ich illegal auf diesem Planeten bin, wenn ich kein Geld habe. Nur mit Geld kann ich mir ein Stück Land kaufen oder eine Wohnung mieten. Wenn ich das nicht will, wenn ich eine Alternative will, wenn ich wild campen will, dann bin ich illegal. Jeder Vogel ist freier. Er landet und schläft wo er will und muss dafür nichts bezahlen. Ihr meine Vorväter seid daran Schuld, dass ich heute mitmachen oder (wahrscheinlich) untergehen muss. Und ich werde Schuld daran sein, wenn meine Nachfahren in der gleichen Zwickmühle enden.

Die simpleste aber auch schwierigste Lösung wäre das Motto: „Willst du grün und ökologisch sein? Hör einfach auf zu leben. Werde Kompost und Humus. Es ist so leicht!“. Eigentlich ist es genau das was wir brauchen – eine hardcore Reduzierung der Weltbevölkerung. Umso weniger verstehe ich da die Bemühungen der deutschen Politik, die sagt: „Ahhh, unsere Bevölkerung schrumpft. Unser Rentensystem bricht zusammen. Macht mehr Kinder, macht mehr Kinder!“ Sagt mal, wie hirnverbrannt ist denn so ein Aufruf? Wir alle wissen, dass die meisten Probleme auf eine Überbevölkerung zurück zu führen sind und in der Situation wo die Scheiße am stärksten am Dampfen ist, wird noch mal richtig Feuer gemacht. Das zeigt nur wieder mal wie herausgerissen wir aus nachhaltiger Denkweise sind. So ein Aufruf wird nur gemacht, damit es alle im Hier und Jetzt gemütlich haben, doch dass dies die Probleme am Ende nur verschärft will niemand sehen. Ein Bevölkerungsschrumpfen müsste eigentlich jeder bejubeln. Doch dann müsste ja jeder ein paar Abstriche machen, das Rentensystem würde ja zusammenbrechen. „Nö. Ich will keine Abstriche machen. Die zukünftigen Generation können Abstriche machen. Wenn dann alles noch mehr im Arsch ist, interessiert mich das nicht. Ich bin ja dann tot.“ Das Rentensystem ist auf der Annahme von unbegrenztem Wachstum aufgebaut, immer mehr Kinder kommen nach, die den Alten ne fette Party am Ende spendieren können. Aber unbegrenztes Wachstum geht nicht auf einer begrenzten Erde und wo wir mit der Mentalität hinkommen, sehen wir ja jetzt. Um genau zu sein sollte es gar keinen Wachstum geben. Jede Politik sollte darauf abzielen Wirtschaftswachstum zu verhindern. Wozu überhaupt Wachstum? Was bringt denn dieser ganze Wachstumswahn? Das habe ich sowieso noch nie verstanden. Ich bin der Überzeugung da gibt’s aber auch nichts zu verstehen. Vielleicht bin ich da ein Bisschen dämlich. Bringt es Glück und Zufriedenheit im Leben? Ich denke nicht. Etwas zu produzieren kann eine Bedingung darstellen auf der materielle Zufriedenheit basiert. Doch immer weiter zu expandieren und mehr und mehr zu produzieren – das ist nicht der Sinn der Sache.

Nun ja, jetzt habe ich mich mal wieder so richtig ausgelassen, bin ein wenig deprimiert, dass ich auch Teil des ganzen Unheils bin und lebe erst mal einfach weiter (suche nach Möglichkeiten aus dem Scheiße-Bussiness auszusteigen). Doch ich bin zuversichtlich, dass ich irgendwann mal an dem Punkt bin, wo ich sein will und mit einem zufriedenen Lächeln den Löffel abgeben kann und den Menschen die nach mir kommen etwas Wertvolles zu vermachen habe – auch wenn es nur ein Häufchen Humus ist. :)

Ich denke, dass ich an dem Punkt bin, wo ich einfach mal in die Runde fragen will (wenn es denn überhaupt noch eine Runde auf diesem Blog gibt), ob da jemand auch so denkt wie ich und vielleicht ähnliche Pläne hat???
Pläne – habe ich überhaupt schon über Pläne geredet? Also mein Sommer ist vollgestopft mit vielen bunten Sachen und dann fliege ich am 23. September zurück nach Deutschland (Düsseldorf) und wollte mich dann mal nach Grundstückssituation in Germanien umsehen – nur mal so aus Interesse. Hihi.

Hätte jemand Lust mich da zu begleiten oder Ideen zu verteilen oder mal an einem Wochenende bei einem See zu campen und über all die Dinge zu sprechen ???

Hier noch ein paar interessante Links:

http://www.news.at/articles/1001/30/259304/glueck-wachstum-ideen-gestaltung-wirtschaft

http://www.novamov.com/video/a9b7dwmx76mw6

http://topdocumentaryfilms.com/end-civ-resist-or-die/