5.1.09

Indien 9 - Karnataka, Gokarna

Es tut mir leid, wenn ich in den letzten Tagen etwas Verwirrung gestiftet habe. Laut einer Mail an Bubbi haette ich seit einer Woche schon wieder in Deutschland sein sollen. Aber ich bin ja immer noch in Indien. Dazu komme ich gleich.

Mein Weihnachten war dieses Jahr voellig unspektakulaer. Eigentlich genauso wie die Tage zuvor und danach. Wir sassen den ganzen Tag in unserem Guesthouse, haben gegessen und getrunken und ansonsten nichts gemacht. Das ganze ist genau nach meinem Geschmack verlaufen, bis zu dem Punkt, wo ich Musik von meinem Player auf die Restaurant-Anlage schmeissen wollte. Ich ging in den Raum, wo alle die im Tipi schliefen ihre Sachen deponiert haben. Da sass ein Inder neben meinem Rucksack und schreckte hoch, als ich auf einmal im Raum stand. Er kramte in seiner Tasche, die neben meinem Rucksack stand. Wir unterhielten uns kurz und er lachte die ganze Zeit total nervoes, was mich schon ein Bisschen wunderte. Tja, und dann war halt mein Player nicht mehr im Deckelfach, wo er eigentlich sein sollte.
Ich dachte, dass ich ihn vielleicht im Restaurant oder Tipi liegen lassen habe und suchte alles ab. Doch eigentlich war ich mir sicher, dass ich ihn im Deckelfach hatte und eigentlich verdaechtigte ich vom ersten Augenblick an diesen Inder. Aber ich wollte niemandem einen falschen Vorwurf machen.
Nach ewigem Suchen war klar, dass er gestohlen wurde. Ich erzaehlte Rischi (der Besitzer) alles und wir waren erst mal beide nur hochdeprimiert. Das ganze Guesthouse beschloss dann, alle Taschen und Rucksaecke von mir durchsuchen zu lassen. Natuerlich kam dabei nichts raus. Als dann kurz mal der Strom ausgefallen ist, hielt ich in diesem dunklen von misstrauischer Stimmung gepraegten Moment eine kleine Ansprache. Ich sagte, dass ich zu tiefst traurig darueber bin, wie jemand so gut wie vor den Augen aller anderen etwas aus einem Rucksack stehlen kann. Dass ich langsam vollends das Vertrauen in die Menscheit verliere und die Welt nur wegen solchen Aktionen so schlecht ist. Mich interessiere gar nicht wer ihn gestohlen hat, nur dass ich ihn wieder bekomme und dass der jenige Mann oder Frau genug sein sollte und ihn nachts wieder unbemerkt zuruecklegen solle.
Den Rest des Abends habe ich damit zugebracht mich in die Gruppe des Verdaechtigen einzuschleusen, Gespraeche anzufangen und mich als super lieben und armen Traveller darzustellen. Denn man klaut mit viel schlechterem Gewissen von jemandem, den man kennt und nett findet.
Am naechsten Tag ist diese besagte Gruppe von drei Indern vorzeitig abgereist. Bevor sie gefahren sind, ist Mr. X aber noch mal fuer 2min in dem Raum verschwunden und sagte dann leise zu seinem Freund (so dass es Jakob aber hoeren konnte), dass er jetzt sauber mit diesem Platz sei. Sofort als sie weg waren, ging ich in den Raum und da lag mein Player auf einem Klamottenhaufen. Allen haben gejubelt. Ich war so froh und dem Arschloch nicht mal richtig boese, weil er wenigstens noch einen Funken an Menschlichkeit bewiesen hat.
Das Dreckige an der ganzen Sache war, dass er aus einer reichen Familie kommt und es gar nicht noetig hat zu klauen. Ausserdem ist er ein Verwandter von Rischi. Und als ich seine Sachen konrollierte, fragte er mich als einziger, was das denn soll, ob ich ihm nicht vertrauen wuerde. Ich vertraue jetzt so gut wie keinem Menschen mehr, zumindest keinem Inder. Das waere uebrigens auch nicht das erste Mal gewesen, wo mir Inder was geklaut haetten. Und wieder wurde mein Bild von den Menschen dieses Landes ganz weit nach unten gezogen. Was soll ich denn da noch machen ??
Auf jeden Fall habe ich mir daraufhin vorgenommen mehr auf mein Bauchgefuehl zu hoeren. Ein ungutes oder gutes Gefuehl ist doch irgendwie viel sicherer als Rationalitaet.
Als ich dann am 1. Weihnachtsfeiertag meine Hose eine halbe Stunde eingeweicht und gewaschen habe, merkte ich beim auswringen, dass mein Player noch in einer der Taschen war. Ich habe vorher jede einzelne Tasche ueberprueft und natuerlich eine vergessen. Da hatte ich ihn gerade seit ein paar Stunden wieder und dann bin ich so bloed und waesser ihn erst mal eine halbe Stunde lang. Nach dem Trocknen lief er aber wie vorher. Glueck gehabt. Und jetzt ein Bisschen mehr Obacht.
In den Folgetagen hat sich mein 4. Abszess entwickelt. Wieder am Arsch, genau an der gleichen Stelle wie in Goa, nur an der anderen Backe. Darauf hatte ich aber einfach keinen Bock mehr. Im Internet habe ich einen guenstigen Flug am 1.1. nach Frankfurt gefunden und sagte mir selbst, dass wenn das Ding wieder so mutiert, ich meinen Flug auf dieses Datum umbuche. Und langsam aber sicher wuchs das Furunkel.
Am 28.12. haben wir (Jakob, die Japaner Takasch und Hero) Hampi verlassen. Wir sind mit dem local-Bus nach Gokarna zurueck gefahren. Das war erstens viel billiger als der sleeper-Bus und zeitlich hat alles da besser gepasst. Und abenteuerlicher wars auch. Man braucht zwar 10 Stunden fuer die 180km aber dafuer sieht man was vom Hinterland. Und das ist wirklich schoen und ruhig. Das einzige was gestoert hat sind die speedbreaker (Boller zur Geschwindigkeitsbegrenzung). Die Busfahrer in Indien heizen da immer ganz schoen drueber und wenn man hinten im Bus sitzt (so wie wir), gibt es erstens jedes mal ein lauten Knall und man fliegt 30cm in die Hoehe. Das ist teilweise ziemlich schmerzhaft, da man mit den Knien und Kopf regelmaessig irgendwo dagegen schlaegt. Bei mir bestand noch die besondere Herausforderung darin nur auf meiner linken Backe zu sitzen.
Abends in Gokarna angekommen sind wir schnurstrax mit einer Rikscha zum Om-Beach gefahren und haben uns im Sangam nieder gelassen, wo ich jetzt auch immer noch bin.
Alle Leute waren wieder dort, die wir zuvor in Hampi kennen gelernt haben. Unsere beiden Maedels aus Iran und Mexiko, die beiden Oesterreicher, eine ganze Reihe Deutscher und was weiss ich wer noch. Eben die ganze Hampi-Crew.

Am 31. wollten die anderen sich mit einem Fischerboot zu einem einsamen Strand fahren lassen, um ganz abgeschieden Sylvester zu feiern.
An dem Tag ist mein Abszess wieder inakzeptabel explodiert. Deswegen entschied ich nach Deutschland zu fliegen und mich in einem heimischen Krankenhaus behandeln zu lassen. Natuerlich haben alle auf mich eingeredet, dass ich es doch noch mal versuchen soll und ich ja auch nach Bombay in ein gutes Privatkrankenhaus fahren kann usw. Davon wollte ich aber nichts wissen. Ich habe mir ja geschworen beim naechsten Abszess heim zu kommen. Also habe ich in Deutschland angerufen, um zu fragen ob ich mein Ticket umtauschen kann und sass dann vorm PC, um mir das neue Ticket zu kaufen. Und da sass ich und sass und starrte 10min lang tatenlos den Flug auf dem Bildschrim an und haette nur noch auf „kaufen“ klicken muessen. Aber irgendwie habe ichs dann halt doch nicht gemacht. Und jetzt bin ich eben noch hier und begleitete die andern zum Strand.
So einsam war der Strand dann doch nicht. Ich glaube auch nicht, dass es sowas in Indien gibt. Aber wir hatten trotzdem unseren Spass. Bei einem Spaziergang haben wir ein kleines Ashram entdeckt, wo ganz einsam ein Baba lebt, der uns ganz stolz sein ganzes Grundstueck gezeigt hat und uns mit allem moeglichen an Essen vollgestopft hat. Dann fuehrte er uns noch mit einer Taschenlampe in eine lange Hoehle, wo oefter mal Saddhus sitzen und meditieren.
Christian der eine Oesi hat einen Fisch gefangen, der im Bananenblatt in einer Glutgrube gegart wurde. Ein koestliches Stueck!!! Ansich war Sylvester dieses Jahr auch voll unspektakulaer. Wir sassen halt am Feuer, haben gegessen und erzaehlt, es gab diesmal keinen Alkohol (sehr entspannend) und die anderen haben alle gekifft. Ich bin dann um elf eingepennt und zwei Stunden spaeter wieder aufgewacht. Ich habe Neujahr verschlafen und es war wundervoll!! Wir alle hatten auch gar nicht das Beduerfnis ein grosses Tamtam zu veranstalten.
Gestern haben wir alle zusammen eine tolle Wanderung durch die Gegend gemacht und dabei alle moeglichen exotischen Pflanzen und Tiere entdeckt. Und mein Arsch ist gluecklicherweise wieder heile.
Tja und sonst faellt mir gerade auch nix mehr ein.

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Servus Felix,
großer Kämpfer vor dem Herrn,

Manchmal muss man unangenehme Dinge doch auf der linken Arschbacke aussitzen, so es denn gelingt, der ganzen Sache einen positiven Dreh zu verpassen. Auch wir haben eine sehr ruhige und angenehme Sylvesternacht in kleiner Runde verbracht, ebenfalls bei feinem Fisch- und Gaumenschmaus.
Was bei Dir die Arschkarte war, so traf mich die Rückenkarte bis tief ins Mark, eigentlich schon seit Wochen. Anna linderte mit geschickter Hand und wohltuender Gymnastik die Blockaden. Nun praktiziere ich täglich ihre neuen Übungen.
Demnach lautet das diesjährige Motte: Dranbleiben, immer wieder dranbleiben und nicht verzagen.

Mit besten Grüßen + Wünschen
Frank

Anonym hat gesagt…

Dein Weltbild war schon einmal erschüttert, als dir vorm Erfurter Bahnhof nicht das ganze, aber das halbe Fahrrad gestohlen wurde, sicherlich von einem Deutschen.

"Ich habe den Glauben an die Menschheit verloren", meintest du damals sehr enttäuscht und empört.
Zu recht!
Aber Opa meinte immer: Take it easy!

In diesem Sinne Grüße aus dem bitterkalten, aber trotzdem sonnig-schönen Deutschland

Anonym hat gesagt…

hallihallo felix,

ich wünsche dir ein gesundes neues jahr!und damit auch einen neuen start für deine weiteren abenteuer mit möglichst guten erfahrungen.

lg anna

Robert Nolde hat gesagt…

Hi Felix,

alles Gute auch von mir aus Dresden. Auch Peti, Ruth, Caro und Bernd lassen dich rechtherzlich Grüßen.
Nach deinen Biologiekursen zum Thema "Selbsterhaltung", den Berichten zur Hygiene und dem Gesundheitswesen in Indien - welche man in der Art wohl eher in einer "GEO Special" erwartet hätte - bin ich schon gespannt, wie es im neuen Jahr letztendlich mit deiner Tour weiter geht.

Ich hoffe du bekommst alles gut in den Griff, besonders deine "Beulenpest". Lass uns stets wissen, wo du dich herumtreibst!

Gruß Robert

Anonym hat gesagt…

Hey Felix,

zu Weihnachten habe ich mich mit Anna und Katja getroffen und Anna erzählte uns von deinen Abenteuern auf deiner Weltreise. Da wollt ich nun auch mal auf deiner Seite rumstöbern. Ich wünsche dir noch alles Gute, wo auch immer du gerade bist.

Claudia

Anonym hat gesagt…

tach indien-liebhaber,
sach mal, kann es sein, dass wir zu unterschiedlichen zeiten die gleichen orte besuchen? also ich vor 3 jahren in indien war, rate mal wo ich rumgelatscht bin...unter anderem hampi und gokarna, om beach!!! ist doch total entspannt da und stressen tut einen da keiner. die landschaft ist natürlich und die geschäftemacher sind weit weg. also hast du alles richtig gemacht, da ists am wenigsten stressig. aber so allgemein zu indien kann ich dir erzählen, so aus meiner erfahrung, lass dir das alles nicht so nah gehen, die mentalität der leute ist komplett anders, als das was wir aus europa kennen. viele sind arme schweine, aber viele sehen auch, wie lukrativ ein kurzer langer finger sein kann und die touris (traveller) zeigen ja auch gerne was sie haben. übrigens lohnen sich der süden indiens auf jeden fall auch...mysore als kunterbunte gemütliche stadt, der staat kerala mit viel natur und ruhigeren menschen...viele schöne orte und dinge! lass dich nicht davon schocken und genieß deine reisezeit (andere arbeiten und erleben nich so schöne dinge).
schöne grüße aus hamburg und grüße mir om beach!
christian rappi

Anonym hat gesagt…

Lieber Felix,
hast du schon einen Plan, wann du wieder mal nach Europa kommst?
Ich würde jedenfalls deine Geschichten irgendwann gern an einem Lagerfeuer sitzend von dir erzählt bekommen. Bis dahin wünsche ich dir jedenfalls nur das Beste,
Alles Liebe, Nina

Anonym hat gesagt…

hey felix,
Ich bin eine freundin von nina,...sie hat mir von dir erzählt, weil ich in 3 wochen nach indien fliege und in goa ankomme, tja und da kamen wir dann auf dich...
ich bin mit meiner 4 jahrigen tochter unterwegs und suche einen guten platz um mal anzukommen, von wo aus ich dann meine fühler weiter ausstrecken kann, habe bereits ein paar woof-adressen, aber wolle dich fragen, ob du mir ein paar gute tipps geben kannst? Ich habe ja keine ahnung wie deine weiteren weltreisepläne aussehen, aber falls du bis 9.feb immer noch in dieser gegend bist, kreuzen sich unsere wege vielleicht sogar. ich würde mich echt freun über eine rückmeldung von dir, einfach so und weil außerdem auch schon ein bissi aufgeregt; erste große reise mit kind alleine, also, hoffentlich bis bald, bon voyage, antonia

Anonym hat gesagt…

Hallo schweigsamer Reisender,
1-2-3 Wochen und keinen Neuigkeiten. Das gibt`s doch gar nicht. Oder gibt es ein Grund zur Sorge und Beunruhigung?

Anonym hat gesagt…

Hallo Felix,
ich muss mich meinem vorgänger anschließen und feststellen, dass offensichtlich "die luft raus ist".
anders erklärt es sich nicht, dass wir nichts mehr von dir hören, oder?
Es grüßt conni