Die folgenden Tage nach unserer Ankunft
in Connecticut waren geprägt von sehr unangenehmen Tiefs doch auch
von schönen Hochs. Es war für uns beide eine sehr sehr schwierige
Zeit. Wir mussten eine Entscheidung treffen, was mit uns passieren
sollte. Heiraten? Oder uns doch einfach so gehen lassen und trennen?
Weiter das Nervenaufreibende hin und her Spiel betreiben, in dem wir
seit über anderthalb Jahren fest steckten? Keiner der Wege schien
der richtige zu sein. Nichts ging vor oder zurück. Wir fühlten uns
wie im Ufergeäst gefangen, während der Strom der Zeit ohne
Rücksicht an uns vorbei zieht. Heiraten? Nee, wir sind doch viel zu
jung und eigentlich wollte ich doch nicht heiraten. Da müsste ich
mich ja wirklich festlegen, binden, und Verbindlichkeit ist mir ja
angebohrenerweise äußerst unangenehm. Außerdem hieße das ja, dass
ich dann in den USA leben würde. Die USA? Ein interessanter
Urlaubsort. Doch hier bleiben, fernab vom kulturell, menschlich und
landschaftlich glänzenden Europa? Klingt erst mal nicht wies
Sahnehäubchen. Aber uns zu trennen klang genauso bescheuert. So
schlingerten wir von links nach rechts, ohne dass was dabei raus kam.
Die Tage vergingen und wir diskutierten und stritten und weinten und
diskutierten. Dann, eines Abends stellten wir fest, dass wir mit
unseren rational-analytische Gehirnen partou zu keinem Ergebniss
kommen würden und beschlossen am nächsten Tag uns beide eine
Auszeit zu nehmen, unsere Gefühle zu erforschen und einfach eine
Entscheidung zu fällen. Der Morgen kam und wir sagten Ja. Nun war es
beschlossene Sache und sogleich fühlten wir uns besser. Der
emotionale Stress blätterte ab und verloren gegangene Leichtigkeit
kehrte zurück. Wir wollten es wenigstens versuchen. So hätten wir
nie die Möglichkeit in vielen Jahren die "was wäre wenn"
Frage zu stellen, die vielleicht noch zermarternder wäre als die
Zeit der Unentschlossenheit.
Kiely und Ryan, Freunde von Becky, die
auch meine Freunde wurden, waren kurz davor ihre Hochzeit in New
Hampshire zu feiern. Wieder einmal packten wir unsere Sachen und
fuhren Richtung Boston. In den USA ist es Tradition
Jungesellenabschied zu feiern, ganz besonders die Frauen. Kiely,
Jenny und ein paar andere Mädels waren schon voll mit ihren
halbleeren Gläsern beschäftigt, als ich Becky in Boston absetzte.
Die wollten mich mit aller Kraft dazu zwingen mit zu feiern. Doch
erstens hätte das gegen die Tradition verstoßen (verwunderlich,
denn Ammis sind eigentlich sehr fest mit ihren Traditionen) und
außerdem war ich müde und hätte mir bei weitem Besseres vorstellen
können, als acht besoffenen jungen Frauen, von denen einige rosa
Plastikpenisse als Hörner auf ihrem Haupthaar trugen, beim Absturz
in den Suff beizuwohnen. Jenny gab mir den Schlüssel zur Wohnung
ihrer Schwester, die für einige Tage verreist war, damit ich mich
meiner eigenen Dinge widmen konnte. Dazu zählte vor allem Schlafen!
Auch wenn man nicht arbeitet kann man sich mit Aktivitäten stressen
und ermüden. Nicht nur emotional waren die vorhergehenden Tage
erschöpfend sondern auch körperlich. Die permanenten 90%
Luftfeuchtigkeit bei über 30 Grad im Schatten schlauchen ziemlich.
Und dieser Tag war besonders anstrengend, da wir bevor wir nach
Boston fuhren noch schnell unser Haus kauften, einpackten und zurück
nach Orange fuhren, um dann den gleichen Weg wieder zurück und
weiter nach Boston zu fahren. Unser Haus ist in diesem Fall eine
Yurte, die wir übers Internet gefunden haben und von einem
Hippiepäarchen erwarben.
Völlig ermüdet fand ich also die
Wohnung von Erin und brauchte über eine Stunde, bis ich den ersten
Fuß hinein setzte. So gut wie nie ließt man den Namen an der Tür
oder findet irgendein anderes Zeichen, das darauf hinweist, wer in
welchem Stock, in welcher Wohnung residiert. Warum nur frage ich
mich!!! Übers Handy war niemand zu erreichen, also probierte ich so
leise es ging mit dem Schlüssel jede der sechs Wohnungstüren
aufzuschließen. Ohne Erfolg. Es waren hundert Millionen Grad in
diesem stickigen Treppenhaus. Nach zehn Minuten war mein T-Shirt
klitschnass und mir tropfte buchstäblich im drei Sekundentakt der
Schweiß von der Stirn. Und dann erst meine Sandalen - ihhhhh!
Schwitzige Füße in Sandalen sind nie etwas Schönes. Doch
Angstschweiß oder besser gesagt besorgt-sein-Schweiß (Furcht vor
einer sehr unangenehmen Nacht im heißen Treppenhaus) in Verbindung
mit Sandalengummi - das ist einfach nur eklig und stinkt bis zum
Himmel. Eingebrannte Erlebnisse aus Griechenland und Indien kamen mir
in den Kopf - Reiseerlebnisse, die im Nachhinein lustig sind, doch im
Moment unerträglich erscheinen. Dreimal ließ ich den Schlüssel in
alle Schlösser gleiten, ohne das etwas passierte. Die ganze Sache
machte mich sehr nervös, da man in den USA nie weiß, ob jemand die
Tür aufmacht und einem die Knarre an die Nase hält. Das zumindest
sagen mir hier alle.
Nach einer Ewigkeit bekam ich dann
endlich einen Rückruf von Jenny und fand schließlich in die Wohung.
Das Türschloss klemmte, weswegen ich die drei Male zuvor nicht
reingekommen bin. Doch als ich dann drin war, kippte ich auf der
Couch um und war weg.
Beck, Mike und Jenny kamen mich am
nächsten Morgen abholen und zusammen fuhren wir nach Portsmouth, wo
Kilys Hochzeit statt fand. Es war eine wohl relativ typische
us-amerikanische Hochzeit. 120 Gäste, religiöse Trauung, und jeder
bekam einen Hummer aufgetischt. Dann wurde die Torte angeschnitten,
der Braut etwas Sahne ins Gesicht geschmiert und andere kleine
witzige Traditionen geehrt. Es war sehr interessant und amysant als
Gast, aber ein ähnliches Szenario für mich? Uhuhuhuuuuu, wäre
nicht wirklich eine Option. Zum Glück sieht es Becky genauso.
Etwas verkatert wachten wir alle im
Hotelzimmer auf und begaben uns auf einen kleinen Stadtspaziergang.
Ich war positiv überrascht wie nett die Innenstadt von Portsmouth
aussah: etwas europäisch und nicht so sehr überzogen mit dieser
amerikanischen Grässlichkeit von Walmart und McDonalds. Und beim
Spazierengehen kamen wir an einem Juwelier vorbei. Und in diesem
Juwelier kauften wir ganz spontan unsere Hochzeitsringe.
Bereits eine Woche später passierte
dann das Unglaubliche: wir heiratet! Wir fanden uns auf einer Wiese
am Ententeich in der Innenstadt von Milford in Connecticut wieder und
gaben uns vor 20 Familienangehörigen von Becky das Ja-Wort. Alles
war genau so, wie wir es wollten: klein, beschaulich und ohne großes
Tamtam, ohne viel Aufwand, ohne ein Vermögen zu vergeuden, das wir
nicht besitzen. Es war strahlender Sonnenschein und nicht ganz so
heiß und schül, wie noch am Tag zuvor, sodass ich nicht in meinem
Anzug zu schmelzen und zerfließen begann. Nein, es war einfach der
perfekte Tag, um sich zu vermählen. Nach der ausgiebigen Fotosession
traf sich die gesamte Gesellschaft in einem schnuckeligen Restaurant
wieder, wo wir bei Speis und Trank das Ereignis feierten und ein paar
Geschenke gereicht bekamen. Die Hochzeitsnacht verbrachten wir in
einem urtypischen amerikanschen Motel, tranken eine Karaffe Wein im
anliegenden Diner und vergnügten uns im Whirlpool. Am nächsten Tag
waren wir wieder daheim, und das einzige, das anders war, war der
Ring am linken Rinfinger. In unserem Kopf waren wir ja irgdnwie schon
seit einer Weile verheiratet. Ich meine, wir verbrachten jede Minute
über Monate hinweg miteinander, teilten alles und lebten ein
gemeinsames Leben.
So, nun war es beschlossene Sache. Ich
würde hier bleiben. Irgendwie eine ganz schöne hauruck-Aktion. Ein
relativ fremdes Land, die daheim Gebliebenen konnten kaum drei Mal
ein- und ausatmen, bevor es geschehen ist. Und dann stand die
Greencard-Prozedur auf der Liste. Mein Visa lief am 3. Oktober aus
und bis dahin musste der Antrag auf eine Greencard bei dem Department
of Homeland Security eingereicht werden. Glücklicherweise hat Beckys
Vater, der selbst Anwalt ist, bei einem seiner Anwaltsfreunde was
gut, weswegen wir das ganze Gewurschtel ihm ohne Kosten für uns in
die Hände legen konnten. Somit sind wir von einem bürokratischen
Monster verschont geblieben und hatten Zeit uns mit den nächsten
dringlichen Schritten unserer Existenz zu beschäftigen. Dazu zählte
hauptsächlich in langwierigen Stunden eine interessante Reiseroute
entlang der Ostküste zusammen zu stellen, um die Gegend besser
kennen zu lernen, sowie auf dem Weg liegende Grundstücke heraus zu
suchen, die für einen potentiellen Kauf für uns in Betracht kamen.
Unser ultimatives Ziel ist ja das Hippieleben schlecht hin. Das heißt
im Genauen ein Stück Land zu erwerben, eine für uns angemessene
Form der Wohnmöglichkeit drauf zu bauen/setzen, Gärten zu starten,
eine Sauna zu bauen und mehr Leute mit ins Boot zu holen. Die
Hauptpriorität bestand immer und bleibt auch weiterhin bestehen sich
an den Erwartungen der Mainstream-Gesellschaft vorbei zu schlingeln.
Dazu zählt dem Arbeitswahnsinn den Rücken zu kehren, auf die
40-Stunden-Woche zu scheißen und dem psychopatischen, den Planeten
auffressenden Kosum-Dogma den fetten Mittelfinger zu zeigen. Viva la
Revolution!!!
Ob und wie dieses Ziel erreicht werden
kann, bleibt immer noch ein großes ungelöstes Rätsel. Das System
hat es geschafft jegliche Schlupflöcher zu wirklichen alternativen
Lebensweisen zu stopfen und zwingt alle Menschen unsausweichlich in
die Erwerbstätigkeit zum Zwecke des Geldverdienens, um Miete,
Grundstückssteuern und andere irrwitzige Rechnungen zu zahlen. Also
muss man irrwitzig clever sein um dem zu entgehen. Ob wir so clever
sind, wird sich zeigen.
Der Trip in den Süden verging wie im
Flug. Wir fuhren mit einer Nacht Pause bis nach Ashville in North
Carolina durch. In Virginia machten wir einen kleinen Abstecher in
den Shenendoah Nationalpark in den Appalachen und schauten uns ein
sehr hübsches Grundstück an. Wäre es nicht so derbe ab vom Schuss
gewesen hätten wir es ohne Augenzwinkern gekauft.
Ashville ist das Portland der Ostküste.
Nicht größer als Jena und doch überall im Land bekannt als das
Künstler- und Ökodomizil. Eine sehr vibrierende und junge Stadt,
umgeben von toller Landschaft. Wir blieben zwei Tage bei Freunden von
Becky und Jenny und machten dann weiter zu Jennys Tante mit Umweg
über eine Handvoll Ländereien. Als wir die Einfahrt reinfuhren,
offenbarte sich, was ich nicht erwartet habe. Jenny warnte uns zwar,
dass ihr Onkel einen Haufen Kohle mit Atomkraftwerken verdient hat,
aber wenn man dann wirklich bei wirklich reichen Leuten vorfährt,
dann ist das eine neue Erfahrung, mit der man erst mal umgehen muss,
genauso, wie man in Indien lernen muss mit absoluter Armut umzugehen.
Wie krass unterschiedlich doch Mitglieder innerhalb einer Familie
sein können. Jenny, das totale Hippiechic, das in Vermont einen
Wochenlangen Protestmarsch gegen das Atomkraftwerk Vermont Yankee
organisiert hat und dann ihr Onkel, der als Ingenieur in einem
anderen Werk arbeitete und so ein Vermögen angehäuft hat. Und nun
saßen wir alle am selben Tisch, in einem riesigen Haus, skeptische
Augen die Aliens vom anderen Planeten beäugend. Am Ende ließ sich
dann aber doch gemeinsamer Boden finden und die etwas komische
Atmospähre wechselte mit einer normaleren.
Die nächste Station unserer Reise war
John Pommeroys Haus in Virginia, ein alter Arbeitskollege von Beckys
Schwester. Er war Sarahs Boss in der ersten Anwaltskanzlei, wo sie
nach dem Studium in Washington DC anfing zu arbeiten. Auch John ist
wohlhabend, doch bündelt seine Energie viel mehr auf Dinge, mit
denen wir was anfangem können. Er hat sich vor einigen Jahren ein
Zweithaus am Fuße der Appalachen gekauft, um sich dort nach seiner
Pensionierung ein nachhaltigeres Leben aufzubauen. Vor über einem
Jahr hat er Becky das Angebot gemacht als Permakulturist das
Grundstück und Haus in ein Permakulturprojekt zu transformieren.
Bei zwei langen Abenden mit viel
Rotwein und einem ausgiebigen Spaziergang durch seinen Dschungel kam
viel Gespächsmaterial zusammen, über die Zukunft des Landes,
Permakultur und die Grenzen des Kapitalismus. Es war sehr erfrischend
mal einen älteren, wohlhabenden Herren reden zu hören, der nicht
nur den unendlichen Wachstumsschwachsinn herbetet oder die Lösung
der Umweltkrise, die durch hirnlosen Konsumzwang ausgelöst wurde, in
noch mehr “grünem” Konsum sieht. Als könnte man sich aus denen
vom Konsum ausgelösten Problemen mit noch mehr Konsum
herauskonsumieren. Zu viele reden hier immer noch von solchen
Paradoxen. “Die unsichtbare Hand des Marktes wirds schon richten.
Habt Vertrauen! Glaubt nur an Walmart, Mc.Donalds und Co. Dann wird
alles gut.” Sowas in der Art kann man hier in Zeitungen lesen. Ich
bin zwar kein Wirtschaftler und möchte mir in diesem Feld keine
Arroganz anmaßen aber irgendwie macht das für mich einfach keinen
Sinn.
Die zwei Tage intelektueller
Erfrischung taten richtig gut und so ging es dann mit neuem Mut
weiter in die Hauptstadt Washington DC, das Zentrum der Macht.
DC ist eine richtig hübsche Stadt mit
tollen Bauwerken und einer ganzen Reihe kostenloser Museen zu allen
möglichen Themen. Ich wäre liebend gerne eine Woche länger
geblieben und hätte mir die Ausstellungen weiter angeschaut, doch
der Zeitplan drückte etwas. Deswegen konnten wir nur die klassischen
Touristenecken mitnehmen. Foto vorm Weißen Haus, Foto vom längsten
Zahnstocher der Welt und schnell durch zwei Museen geprescht.
Jenny flog von DC aus wieder zurück
nach Portland und wir fuhren weiter nach Ithaca in New York. Wenn ich
New York sage, meine ich den Staat und nicht die City.
Ithaca haben wir uns als einen der
potentiellen Orte vermerkt, wo es sich vielleicht leben ließe. Die
Stadt ist zwar etwas klein, hat aber zwei Unis, jede Menge liberal
denkende, progressive Leute und schöne Landschaft drumrum. Es gab
zwei Grundstücke, die wir seit einer Weile im Auge hatten und uns
anschauten. Wir verbrachten eine ganze Weile auf dem einen und
diskutierten viel darüber, was wir wollen, uns leisten können und
alle möglichen Faktoren, die dafür und dagegen sprechen. Wir trafen
uns mit der Maklerin und plauschten fast zwei Stunden über die
Grundstücke. Außerdem holten wir weitere Infos von allen möglichen
behördlichen Einrichtungen ein, die uns weiterhelfen konnten. Am
Ende hatten wir einen Haufen von Wissen zusammen und waren irgendwie
nicht wirklich überzeugt. Einige Schlüsselhürden schienen zu
unüberwindbar zu sein und so hängten wir einen Vermerk an die Seite
und schlossen das Buch dort vorerst.
Bei der Fahrt zurück nach Connecticut
inspizierten wir noch ein paar weitere Objekte, von denen das eine
ein absoluter Volltreffer war. Acht Hektar groß, halb Wald, halb
Wiese mit vereinzelten Büschen und Bäumen, ein großer Bach am
Rande des Grundstücks und ein kleinerer Bach, der mitten durch
fließt und in kleinen Wasserfällen in dem größeren Bach endet.
Das ganze ist nicht zu weit von der nächsten Stadt mit Uni und
kostet nur $40.000. In euphorischer Hochstimmung überschlugen sich
die Träume. Leider konnten wir nicht sofort mehr in Erfahrung
bringen und ein Anruf beim zuständigen Makler erwieß sich als
merkwürdige Sackgasse, als hätte der Typ wirklich gar kein
Interesse das Land zu verkaufen.
Unsere letzte Station war New Paltz,
eine weitere kleine Hippiestadt nicht weit von New York City. Das
Problem mit diesen Hippiestädtchen ist, dass alles so teuer ist,
weil alle da hin wollen. Trotzdem schauten wir uns die Sache mal an.
Wir schlenderten durch die Straßen, aßen eine Pizza und bereiteten
das Zeltlager an einer öffentlichen Bootsanlegestelle am nahe
gelegenen Fluss, wo wenig später etwas witziges passierte. Es war
fast mitternacht. Wir lagen seit fast einer Stunde im Zelt und ich
bin gerade eingeschlafen, als plötzlich der Lichtkegel einer
Taschenlampe durch die Zeltwand das Innere unseres Schlafgemachs
erhellte und eine determinierte Frauenstimme sprach:”Guten Abend.
Aufwachen bitte. Hier ist die Polizei.” Wie gesagt, ich hatte
gerade die Traumwelt betreten und stotterte etwas benommen: “Ähhh,
wie? Was ? Ähhm, ahaaaaa.”
Motorengeräusch kam näher. Ein
zweites Polizeiauto rückte an.
“Wir sind gekommen, um sicher zu
stellen, dass hier alles in Ordnung ist.”
Wir öffneten das Zelt und Becky
übernahm das reden.
“Wir sind nur auf der Durchreise. Wir
wollen nur die Nacht hier verbringen und fahren morgen weiter nach
Connecticut. Wir wollten die Gegend nach Grundstücken auschecken.”
“Ahh, alles klar”, erwiderte die
Polizistin. “Ihr seht nicht so aus, als ob ihr Probleme macht. Hier
kommen öfters junge Leute her, besaufen sich und vermüllen den
Platz. Aber ihr seht ziemlich harmlos aus. Ist das euer Auto an der
Straße?”
“Ja, antwortete Becky.”
“Connecticut, hmmm. Ich komme selbst
von dort und bin vor ein paar Jahren hier her gezogen. New Paltz ist
ein cooler Ort.”, sagte die Polizistin. “Wir würden trotzdem
gerne eure Personalien aufnehmen.”
“Ohh, unsere Ausweise sind im Auto.
Sollen wir sie holen?”, erwiderte Becky.
“Nein, nein. Sagt mir einfach eure
Namen und wir rufen bei der Polizeistation durch.”
Also sagten wir unsere Namen, eine
Minute später kam die Bestätigung, von der Station, dass auf uns
kein Kopfgeld ausgestellt ist und dann wünschte die nette Frau uns
eine gute und sichere Nacht. Wer hätte das gedacht?! Man wird doch
manchmal noch positiv überrascht.
Zurück in Connecticut bereiteten wir
unseren Umzug vor. Vor der Hochzeit von Kily und Ryan entdeckten wir
eine Yurte zum Verkauf auf Craigslist, einer Internetseite, wo man
alle möglichen privaten Announcen reinstellen kann. Am nächsten Tag
schauten wir uns die Yurte an und entschieden uns spontan sie zu
kaufen. Wir liehen uns den Truck von Beckys Dad und luden einen
weiteren Tag später unser neues Heim auf die Ladefläche des
Pickups. Für die, die nicht wissen, was eine Yurte ist: Eine Yurte
ist die traditionelle mongolische Behausung, die sich über
Jahrhunderte sogar bei tödlich eisigem Wetter bewehrt hat. Es ist im
Prinzip ein sehr großes edles Zelt, traditionell aus Filzmatten um
ein spezielles Holzgerippe gewickelt. Es erinnert etwas an ein Tipi
der nordamerikanischen Indianer, nur, dass ein Tipi im Prinzip nur
Dach ist, wohingegen eine Yurte eine Wand hat, auf dem das Dach
liegt. Beide Bauten sind jedoch komplett rund, können sehr groß und
geräumig sein und haben typischerweise ein rundes Loch in der Mitte
des Dachs zwecks Rauchabzug.
Ein paar Wochen zuvor besuchten wir
Freunde von Becky in New Hampshire. Jane und Jason haben uns zum
Abendessen bei sich eingeladen. Wir erzählten, dass wir uns eine
Yurte gekauft haben und auf der Suche nach einem Billigen Stück Land
in der Gegend sind, auf das Wir unser Heim zu Miete aufstellen
können.
“Wieso kommt ihr nicht auf unser
Grundstück?”, fragten uns die beiden. “Wir hatten sowieso vor
vereinzelt Yurten und Tipis auf unser Land zu stellen und eine Art
Kommune zu starten.”
Perfekt, dachten Becky und ich uns.
Phänomenal, wie einem manchmal die Dinge in den Schoß fallen. Da
wir nach der kleinen Reise in den Süden keine bessere Option fanden,
riefen wir bei der Wiederankunft Jane und Jason an, um zu erfragen ob
das Angebot noch steht. Und es stand noch.
Genauso spontan wie wir die Yurte
gekauft haben, kamen wir zu unserem Holzofen. Schon früher haben wir
immer mal bei Craigslist nach Öfen geschaut und man kann ziemlich
billig gebrauchte alte Öfen finden. Doch den Ofen, den wir gefunden
haben, hätte es nicht für diesen Preis geben sollen. Ein
Familienvater wollte für $175 den Ofen loswerden, der bei ihm im
Haus stand, in das die Familie gerade erst eingezogen ist. Die haben
ihre Ölheizung mitgebracht und somit keine Verwendung für einen
Holzofen. Also haben wir den Ofen für deutlich unterm Marktwert
gekriegt und haben uns sofort in ihn verliebt.
Dann gings ans Packen und zwar ans
pervers peinlich genaue Packen. Denn wir wollten alle fürs Leben
wichtigen Dinge in einem Ruck mit dem Pickup-Truck nach New Hampshire
kriegen. Und wie durch ein Wunder brachten wir es wirklich zustande.
Die Ladefläche sah damals nur mit Yurte schon fast voll aus. Doch
wir schafften es den Ofen, einen Schrank, Schränkchen, einen Tisch,
weitere Möbel und einen ganzen Haufen andere Gegenstände in den
“Untiefen” der Ladefläche sowie allen möglichen Ritzen und
Schlitzen verschwinden zu lassen.
Und so fuhren wir überladen mit
Überlänge nach Winchester in New Hampshire. Yeahaaaaaaaa!!!
Ab
hier werde ich meinen Blog etwas verändern. Ich weiß noch nicht
genau wie. Das wird sich zeigen.
Was aber fest steht ist, dass ich
nun hauptsächlich auf das Projekt “YURTE” eingehen werde. Da wir
den Winter über in New Hampshire in unserer Yurte leben werden, wo
es öfter mal ein paar Wochen lang minus 30 Gard Celsius werden, habe
ich mir gedacht etwas technischer zu schreiben und die Welt wissen zu
lassen, wie das Projekt Yurte für uns vor sich geht. Ich weiß, dass
viele andere ähnliche Träume haben und will sie Teil haben lassen,
welche Hürden wir überwinden mussten, welche Überraschungen es bei
uns gab, was großartig und was nervig ist in einer Yurte zu leben.
Ich werde den kompletten Bau beschreiben und alle Systeme erklären,
die für ein komfortables (für mich und Becky) Leben nötig sind.
Es
wäre eine Schande unsere Erfahrungen in unseren hypothermischen Tod
mitzunehmen, damit andere lernen können dem hypothermischen Tod zu
entkommen.
Die
ersten Fotos und ein Video sind hochgeladen. Seid gespannt, denn es
kommt mehr.
Es
grüßt
Felixxxxxxx
4 Kommentare:
Vielen, vielen Dank für die sehr ausführlichem Beschreibungen über euer Leben in den letzten Wochen. Alles liest sich locker, flüssig und unterhaltsam. Es scheint trotz Sesshaftigkeit ein sehr wechselhaftes, bunt-aufregendes, aber auch anstrengedes Leben zu sein. Anders anstrengend, als der große Rest der Bevölkerung lebt.
Und alles klingt recht hoffnungsfroh-optimistisch. Das beruhigt mich natürlich als Mutter, die sehr in der Ferne leben muss.
Liebe Grüße von Conni-Muudi
Erst einmal: Glückwunsch zur Hochzeit, viele schöne gemeinsame Stunden, mit allen Höhen und Tiefen die eine Beziehung hat. Dein Bericht liest sich gut, für mich so als wärst du angekommen. Die ersten Zeilen würde ich zwar gerne näher erklärt haben wollen, vielleicht kann das die "Muddi" mal machen. Ich freue mich auf weitere Berichte vom aktuellen Projekt. Und "Muddi", kannst stolz sein. Ich denke dein Kind hat alles richtig gemacht. Er wird seinen weg gehen, auch wenn du ihn dabei nicht begleiten kannst. Es grüßt dich jemand aus deiner Ursprungsheimat.LG, Andreas
Herzlichen Glückwunsch Euch beiden.
Geniesst Euer freies ungewöhliches Leben und lasst uns weiter teilhaben an Euren Abenteuern.
Schön, dass Ihr Euch gefunden habt.
Viele Grüße von einer treuen Leserin
Supergeil Felix! Glückwunsch nochmals zur Hochzeit. Find ich spitze dass ihr versucht ein alternatives Leben einzuschlagen. Solche Leute braucht die Welt. Ganz vielleciht (momentan aber eher nicht absehbar) schaff ichs ja mal in die Staaten und dann auch zu eurer Hippiekommune! Aber du bist uns auch noch ein Besuch im Eck schuldig.
Beste Grüße aus Tschechien von jemand der allerersten Stunde ;-)
mfg Marvin
Kommentar veröffentlichen