24.3.11

Portland, Oregon, Kalifornien

Hallo mal wieder!


Es tut mir fuer die Leute leid, die meinen, ich wuerde zu unregelmaessig schreiben. Ist schon richtig, ich habe in den letzten Monaten nachgelassen. Aber ich bin ja auch nicht die Tagesschau, die punkt zwanzig Uhr ihre Nachrichten verstrahlt. Ich schreibe, wenn es was zu berichten gibt und wenn ich mich danach fuehle. Keine Angst, es kommen auch wieder andere Zeiten.

Es ist nicht so, dass Nichts passiert ist. Das geht ja auch gar nicht - es passiert immer etwas, in jedem Leben eines jeden Menschen, und wenn es "nur" geistliches Abenteuer ist. Das war mehr oder weniger mei mir in den letzten acht Wochen der Fall. Es gab wenige "Abenteuer" im Indiana Jones Stil. Keine wagemutigen Stuerze von Klippen oder Flosstouren durch Stromschnellen. Dennoch hatte ich bisher eine sehr einflussreiche und bildende und veraendernte Zeit hier.
Fuer wirklich effektive geistige Weiterentwicklung brauche ich (und ich denke alle Menschen) den Kontakt zu Menschen. Ich glaube nicht, dass man durch pures isoliertes Nachdenken und Philosophieren wirklich weiter kommt. Sicher das ist ein Teil von geistiger Evolution, aber dann muss auch ein Austausch erfolgen. Ich denke in der Masse aller Menschen steckt die wahre Weisheit. Heil dem Internet und der letzten Bastion wirklicher Rede- und Pressefreiheit in diesem Sinne!!!
Ich kann behaupten, dass die Menschen hier deutlich ihre Spuren bei mir hinterlassen haben. Zumindest empfinde ich es so.

Wenn ich zurueckblicke auf die letzten Wochen, dann kann ich zusammenfassend sagen, dass ich einen grossteil der Zeit mit dem Laptop verbracht habe. Mein Wissensdurst nimmt langsam beaengstigende Zuege an. Ich habe mich gefuehlt wie in der Schule, nur dass ich den Lerninhalt bestimme und keinem Zwang unterliege. Das soll heissen, das unendlich viel Zeit mit Lesen ueber alles moegliche genutzt wurde und wenn ich nicht im Internet surfte, dann lag ich auf der Couch und stopfte weiteres Wissen aus Buechern in mich rein oder schaute mir Dokus an.
Ueber Jenny und Becky habe ich einen sehr intertessanten Eiblick in Permakultur bekommen, was ganz grob gesagt ein Konzept fuer Nachhaltigkeit ist.
Ein weiters grosses Thema in den letzten Wochen war Peak Oil. Das ist fuer mich eine der spannendsten Geschichten, die sich in den naechsten Jahrzehnten auf der Erde abspielen wird bzw. sich jetzt gerade abspielt. Wenn man sich die meisten Quellen anschaut, dann stellt man fest, dass wir entweder Peak Oil schon ueberschritten haben oder dies in den naechsten Jahren tun werden und was dann oekonomisch passiert kann sich denke ich niemand wirklich vorstellen.
In dem Zusammenhang bin ich auf ein Video von Michael Ruppert mit dem Namen Collapse gestossen. Dort wurde mir eine Sicht auf die globale Situation praesentiert, die so radikal ist, dass ich selbst noch nie wirklich darueber nachgedacht habe. Im Kurzen wird behauptet, dass total abruppt innerhalb der naechsten Jahre, sobald Peak Oil ueberschritten ist, alle Wirtschaften zusammenbrechen, da einfach ALLES auf Oel aufgebaut ist. Ich denke wenige realisieren, was das heisst, das einfach alles auf Oel basiert. Jeder Gegenstand, der existiert, vom Auto zur Zahnbuerste, Landwirtschaft, einfach alles, existiert nur, weil Oel existiert. Und wenn das Oel ausgeht, dann laeuft einfach Nichts mehr. Selbst ein Umstellen auf alternative Energien wird als Witz deklariert. Wenn es kein Oel mehr gibt, mit welchen Mitteln werden dann Erze aus dem Boden gefoerdert, die dann zu Stahl geschmolzen werden, um daraus Windkraftraeder herzustellen?
Es wird behauptet, dass der exponentielle Anstieg der Weltbevoelkerung Hand in Hand geht mit der exponentiellen Nutzung von Oel in den letzten 150 Jahren. Und wenn nach einem steilen Anstieg ein steiler Abfall folgt, so dann auch in der Bevoelkerung. Klingt erst mal logisch und ich denke, dass genau das passiert aber nicht in dem zeitlichen Rahmen. Ich denke dass alles langsamer von statten geht und nicht innerhalb von drei Jahren oder so. Ein ebenfalls interessante Film dazu ist End:Civ mit Derrick Jensen.
Ein weiteres Thema mit dem ich mich beschaeftigt habe, ist direkte Demokratie. Diese Thematik hat mich vollends absorbiert und ich bin darauf bezogen zutiefst glaeubig geworden.
Und dann hat mich natuerlich Nordafrika und Japan voll in Beschaeftigung gehalten. Sehr erstaunliche Dinge, die da gerade ueberall passieren.
Mehr zu kontroversen politischen Theman will ich nicht schreiben, da viele Dinge unausgereift sind und in schriftlicher Form zu schnell Missverstaendnisse auftreten koennen.

So, nun aber mal zu unserem Trip, von dem wir Gestern wieder gekommen sind.
Erich kam realtiv spontan von Vancouver Island mit dem Bus nach Portland, um mich zu besuchen. Er ist nun schon seit ueber zwei Wochen hier und wir haben eine sehr gute Zeit zusammen.
Vor fuenf Tagen sind wir (Becky, Jenny, Erich und ich) mit dem Auto in Richtung Kalifornien aufgebrochen. Ziel waren die Redwoods, die groessten Baeume der Welt. Ich habe eine Tour zusammengestellt, die ein paar Nationalparks auf mit dem mit einbezog. Zunaechst ging es in den Dunes Nationalpark an der Kueste von Oregon. Eine atemberaubende Landschaft, mehr ist dazu kaum zu sagen. Rieseige Sandduenen erheben sich mitten aus dem saftigsten Wald ein paar Kilometer vor der Kueste. Dazwischen liegen kleine Inseln aus Wald.
Wir verbrachten eine Nacht in den Duenen und fuhren dann weiter die Kueste entlang Richtung Sueden. Auf dem Weg machten wir an einem State Park halt und erkundeten einen Strand und die umliegenden Felsen. Dort habe ich die bisher groessten Wellen meines Lebens gesehen - einfach umwerfend. Man Koennte alle paar Kilometer anhalten und die Kueste bestaunen.
In Nordkalifornien tauchten dann die ersten Redwoods auf. Schon von der Strasse aus faellt einem die Kinnlade runter. Aber wenn man dann erst mal auf einem der Wanderwege in den Dschungel hineinlaeuft, dann fehlen einem wirklich die Worte. Diese Baeume sind einfach so unglaublich fett und hoch, dass es fast wirkt, als seien sie von einem anderen Planeten. Um genau zu sein sieht es genauso aus wie auf dem Planeten Endor aus dem Star Wars Universum, wo die Ewoks leben. Und das verwundert nicht, da der Film in den Redwoods gedreht wurde.
Wenn man vor einem dieser bis ueber 2.000 Jahre alten, ueberdimensionalen Lebewesen steht, dann kommt man sich als unbedeutender Klecks vor, was wir im Grunde ja auch sind. Um so unverstaendlicher ist es, wie Menschen die Baeume faellen koennen, um daraus dann unter anderem Klopapier herzustellen, mit dem wir uns den Arsch abwischen. Das ist Sarkasmus in hoechster Form. Und mit jedem Toilettengang koennte mir eine Traene uebers Gesicht rollen.

Am letzten Tag haben wir uns dann noch Arcata angeschaut, ein kleines Staedtchen in Nordkalifornien, das als Hippie-Absteige gehandelt wird. Genauso hat es sich auch angefuhelt. Im Kino lief "the Big Lebowski", ueberall lungerten Hippies und Reisende auf den Strassen rum und das Kulturangebot hat sich fast ausschliesslich an den Hippies orientiert.

Becky ist mittlerweile fuer ein paar Tage an die Ostkueste zu ihren Eltern geflogen und kommt am Sonntag wieder. Unsere Zeit hier zusammen wird langsam echt knapp und wir machen uns schon Gedanken ueber unsere gemeinsamen Sommerplaene. Doch jetzt gehe ich erst noch mal mit Erich Snowboarden an Mt. Hood und schaue mir dann noch den Crater Lake an, bevor ich die USA verlassen muss.